Gesellschaftsrechtliche Beurkundungen für Deutschland durch Schweizer Notare

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Schwei­zer Rechts­an­wäl­te, wel­che zusätz­lich über ein Nota­ri­ats­pa­tent ver­fü­gen, kön­nen gesell­schafts­recht­li­che Beur­kun­dun­gen für deut­sche Unter­neh­men vor­neh­men. Da die Beur­kun­dungs­kos­ten in der Schweiz nicht vom Streit- bzw. Inter­es­sen­wert des beur­kun­de­ten Geschäfts abhän­gen, kön­nen teil­wei­se mas­siv Gebüh­ren ein­ge­spart werden.

Ein­lei­tung

Notar­ge­büh­ren sind in Deutsch­land gesetz­lich gere­gelt und ori­en­tie­ren sich grund­sätz­lich am beur­kun­de­ten Wert. Ins­be­son­de­re im Gesell­schafts­recht kann dies zu ver­hält­nis­mäs­sig hohen Notar­ge­büh­ren füh­ren. In der Schweiz hin­ge­gen fal­len die Kos­ten für Beur­kun­dun­gen gene­rell deut­lich gerin­ger aus, da sie nicht vom Streit­wert des beur­kun­de­ten Geschäfts abhän­gen, son­dern übli­cher­wei­se ein Pau­schal­be­trag oder ein Stun­den­ho­no­rar ver­ein­bart wird. Die Zuläs­sig­keit von Beur­kun­dun­gen für Deutsch­land durch Schwei­zer Nota­re ist im Grund­satz unbe­strit­ten. Den­noch gibt es eini­ge heik­le Fra­gen, wel­che vor­lie­gend zu beur­tei­len sind.

Deut­sche Rechtsprechung

Der Grund­stein für aus­län­di­sche Beur­kun­dun­gen deut­scher gesell­schafts­recht­li­cher Vor­gän­ge wur­de höchst­rich­ter­lich bereits im Jahr 1981 gelegt. Der deut­sche Bun­des­ge­richts­hof bejah­te die Zuläs­sig­keit aus­län­di­scher Beur­kun­dun­gen, wenn (i) die aus­län­di­sche Beur­kun­dungs­per­son nach Vor­bil­dung und Stel­lung im Rechts­le­ben eine der Tätig­keit des deut­schen Notars ent­spre­chen­de Funk­ti­on aus­übt und (ii) für die Errich­tung der Urkun­de ein Ver­fah­rens­recht zu beach­ten hat, das den tra­gen­den Grund­sät­zen des deut­schen Beur­kun­dungs­rechts ent­spricht.[1]

In der Fol­ge erach­te­te der deut­sche Bun­des­ge­richts­hof diver­se Beur­kun­dun­gen gesell­schafts­recht­li­cher Vor­gän­ge durch Schwei­zer Nota­re für zuläs­sig. Dar­un­ter fal­len ins­be­son­de­re Beur­kun­dun­gen von Sat­zungs­än­de­run­gen, Gesell­schafter­lis­ten, Anteils­ab­tre­tun­gen sowie Haupt­ver­samm­lun­gen von Akti­en­ge­sell­schaf­ten.[2]

Zuletzt erach­te­te das Kam­mer­ge­richt gar Beur­kun­dun­gen von GmbH Grün­dun­gen sowie Fusio­nen durch Schwei­zer Nota­re für zuläs­sig.[3] In der Leh­re sties­sen die­se bei­den Urtei­le jedoch auf har­te Kri­tik. Bis dato ging man davon aus, dass höchs­tens beur­kun­dungs­be­dürf­ti­ge Geschäf­te zwi­schen zwei oder mehr Par­tei­en im Aus­land beur­kun­det wer­den dür­fen, aller­dings kei­ne sta­tuts­re­le­van­ten gesell­schafts­recht­li­chen Vor­gän­ge wie Grün­dun­gen oder Umwand­lun­gen. Der Bun­des­ge­richts­hof hat sich bis anhin noch nicht mit die­ser Fra­ge auseinandergesetzt.

Pra­xis­hin­wei­se

Vor einer in der Schweiz geplan­ten Beur­kun­dung ist es rat­sam zu prü­fen, ob der deut­sche Regis­ter­rich­ter die­se akzep­tiert und die Ein­tra­gung auf der Grund­la­ge einer aus­län­di­schen Urkun­de vor­nimmt. Dadurch kön­nen uner­wünsch­te Ver­zö­ge­run­gen ver­mie­den wer­den. Erfah­rungs­ge­mäss sind dabei Regis­ter­ge­rich­te in grenz­na­hen Regio­nen tole­ran­ter. Die­ses Vor­ge­hen hilft indes nur bei sol­chen Geschäf­ten, die einer Ein­tra­gung ins Han­dels­re­gis­ter bedür­fen, denn mit der Ein­tra­gung wer­den die­se Geschäf­te voll­um­fäng­lich wirk­sam. Aus­ser­dem ist grund­sätz­lich der Bei­zug eines deut­schen Anwalts emp­feh­lens­wert, sofern das beur­kun­de­te Geschäft deut­schem Recht untersteht.

Exkurs: Grund­stücks­über­tra­gun­gen, Ehe- und Erbverträge

Der deut­sche Bun­des­ge­richts­hof hat kürz­lich erst­mals bestä­tigt, dass die für eine Grund­stücks­über­tra­gung erfor­der­li­che Form nur durch die Anwe­sen­heit der Betei­lig­ten vor einem im Inland bestell­ten Notar gewahrt wer­den kann.[4] Dem­nach bleibt die Beur­kun­dung von Grund­stücks­ge­schäf­ten aus­schliess­lich deut­schen Nota­ren vor­be­hal­ten. Hin­ge­gen wer­den Beur­kun­dun­gen deut­scher Ehe- und/oder Erb­ver­trä­ge durch Schwei­zer Nota­re in der Pra­xis weit­ge­hend anerkannt.

Fazit

Der deut­sche Bun­des­ge­richts­hof ebne­te in einer Rei­he höchst­rich­ter­li­cher Urtei­le den Weg für Beur­kun­dun­gen gesell­schafts­recht­li­cher Vor­gän­ge durch Schwei­zer Nota­re. Ins­be­son­de­re bei Sat­zungs­än­de­run­gen, Anteils­ab­tre­tun­gen sowie Haupt­ver­samm­lun­gen kann sich der Gang zum Schwei­zer Notar für deut­sche Unter­neh­men finan­zi­ell loh­nen. Vor­sicht gebo­ten ist jedoch bei sta­tuts­re­le­van­ten gesell­schafts­recht­li­chen Vor­gän­gen wie Grün­dun­gen oder Umwand­lun­gen. Hier emp­feh­len wir eine ver­tief­te Prüfung.

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[1] BGH, Beschluss vom 16.02.1981 – II ZB 8/80.

[2] BGH, Beschluss vom 16.02.1981 – II ZB 8/80; BGH, Beschluss vom 17.12.2013 – II ZB 6/13; BGH, Beschluss vom 21.10.2014 – II ZR 330/13; BGH, Beschluss vom 13.02.2020 – V ZB 3/16.

[3] KG Beschluss vom 24.01.2018 – 22 W 25/16; KG, Beschluss vom 26.07.2018 – 22 W 2/18.

[4] BGH, Beschluss vom 13.02.2020 – V ZB 3/16.