Neuer Bundesgerichtsentscheid im Mietrecht: Verdoppelung der zulässigen Rendite für Wohn- und Geschäftsliegenschaften
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Mit Urteil vom 26. Oktober 2020 änderte das Bundesgericht die bisherige Praxis zur Berechnung des zulässigen Anfangsmietzinses für Wohn- und Geschäftsräumlichkeiten gestützt auf die Nettorendite. Fortan gilt ein Ertrag, welcher 2% über dem Referenzzinssatz liegt (sofern der Referenzzinssatz 2% oder weniger beträgt) als zulässig. Dies ermöglicht theoretisch eine Verdopplung der Rendite zugunsten des Vermieters gegenüber der bisherigen Rechtslage.
Mit der Praxisänderung des Bundesgerichts (Urteil 4A_554/2019) soll es Vermietern künftig zulässig sein, eine um das Doppelte erhöhte Rendite auf Wohn- und Geschäftsräumlichkeiten zu erzielen. Gemäss geltendem Recht ist ein Mietzins grundsätzlich dann missbräuchlich, wenn ein übersetzter Ertrag erwirtschaftet wird. Als nicht missbräuchlich gelten solche allerdings, wenn die Mietpreise z.B. im Rahmen des orts- oder quartierüblichen liegen (vgl. Art. 269a lit. a. des Obligationenrechts [OR]). Missbräuchlichkeit wird dabei nicht von Amtes wegen verfolgt, sondern die Mieterschaft hat diese vielmehr zu beweisen.
Gemäss Rechtsprechung des Bundesgerichts orientiert sich die Nettomiete grundsätzlich am aktuellen Referenzzinssatz (einheitlicher Zinssatz, der vom Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartement jedes Quartal erhoben wird). Bislang wurde ein Zuschlag von 0.5% auf den Referenzzinssatz als zulässig erachtet. Aufgrund des tiefen Zinsniveaus entschied das Bundesgericht nun allerdings im Oktober 2020 (Urteil 4A_554/2019, E. 8.4), dass die Nettorendite bei einem Referenzzins von 2% oder weniger, maximal 2% über diesem Referenzzinssatz liegen darf. Liegt der Referenzzinssatz z.B. (wie aktuell) bei 1.25% (Stand November 2020), darf die maximal zulässige Nettorendite 3.25% (1.25% + 2%) nicht überschreiten. Dies entspricht mehr als einer Verdoppelung der Rendite im Vergleich zur bisherigen Rechtsprechung.
Eine Ermittlung der Rendite von Mietliegenschaften ist lediglich gestützt auf die Buchhaltung des Vermieters möglich. Wird der Anfangsmietzins angefochten, muss der Mieter die Rendite beweisen, während der Vermieter dann die Beweislast trägt, wenn er geltend machen will, dass die Mietzinsreduktion aufgrund gesunkener Hypothekarzinsen zu einem nicht genügenden Ertrag der Liegenschaft führe. Es gilt: Selbst in den Fällen, in welchen die Mieterschaft die Beweislast für die Rendite trägt, hat der Vermieter dem Mieter die Grundlagen für die Berechnung offenzulegen (vgl. u.a. Urteile des Bundesgerichts 4A_554/2019, E. 6; BGE 142 III 568).
In laufenden Mietverhältnissen (wenn also nicht der Anfangsmietzins in Frage steht) wird die neue Rechtsprechung des Bundesgerichts wegen dem Vertrauensschutz nicht zu einer völlig neuen Mietzinsberechnung führen.
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