Einführung von DLT-Aktien in der Schweiz

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Die am 1. Febru­ar 2021 in Kraft gesetz­ten Bestim­mun­gen erlau­ben es Schwei­zer Akti­en­ge­sell­schaf­ten, digi­ta­le Akti­en in der Form kryp­to­gra­phi­scher Tokens – die auf einer Block­chain reprä­sen­tiert wer­den – aus­zu­ge­ben. Dafür ist eine Grund­la­ge in den Sta­tu­ten not­wen­dig. Wei­te­re Bestim­mun­gen der Vor­la­ge tre­ten vor­aus­sicht­lich per 1. August 2021 in Kraft. Die­ser Blog­bei­trag zeigt wesent­li­che Punk­te der Revi­si­on auf.

1. Über­blick

Am 25. Sep­tem­ber 2020 wur­de die Vor­la­ge zur „Dis­tri­bu­t­ed Led­ger Tech­no­lo­gy“ (DLT) durch das Par­la­ment ver­ab­schie­det. Sie bezweckt u.a. die För­de­rung der Schweiz als füh­ren­der Stand­ort für DLT-Unter­neh­men. Die DLT gilt, ins­be­son­de­re in Kom­bi­na­ti­on mit Block­chains, als einer der viel­ver­spre­chends­ten Ent­wick­lun­gen im Rah­men der Digi­ta­li­sie­rung im Rechts­markt. Das neue schwei­ze­ri­sche DLT-Gesetz (Bun­des­ge­setz zur Anpas­sung des Bun­des­rechts an die Ent­wick­lun­gen der Tech­nik ver­teil­ter elek­tro­ni­scher Regis­ter) bringt – zusam­men mit den Anpas­sun­gen in den Ein­zel­ge­set­zen – ver­schie­de­ne Ver­bes­se­run­gen des Schwei­zer Rechts­rah­mens zu dezen­tra­len Tech­no­lo­gien und der Block­chain mit sich.

Mit der Ein­füh­rung von Regis­ter­wert­rech­ten per Anfang Febru­ar 2021 wur­de eine neue Kate­go­rie von Wert­rech­ten nach dem Obli­ga­tio­nen­recht (OR)[1] geschaf­fen. Neu kön­nen Akti­en in der Form kryp­to­gra­phi­scher Tokens aus­ge­ge­ben wer­den. Als „Token“ bezeich­net man dabei die digi­ta­le Abbil­dung eines Ver­mö­gens­werts, ein­schliess­lich der damit ver­bun­de­nen Rech­ten und Pflich­ten. Eine spe­zi­fi­sche Aus­prä­gung der DLT ist die Block­chain, wel­che eine kon­ti­nu­ier­lich erwei­ter­ba­re Lis­te von Daten­sät­zen (sog. „Blö­cke“) ist. Die­se sind mit­tels kryp­to­gra­phi­schem Ver­fah­ren mit­ein­an­der ver­ket­tet und ver­schlüs­selt.[2]

Die neu­en gesetz­li­chen Vor­ga­ben wur­den tech­no­lo­gie­neu­tral for­mu­liert. Sie sehen mate­ri­el­le Anfor­de­run­gen an die Wert­rech­te­re­gis­ter vor, in wel­che die Regis­ter­wert­rech­te ein­ge­tra­gen wer­den müs­sen. Zudem sind ins­be­son­de­re auch Vor­schrif­ten zur Über­tra­gung von Regis­ter­wert­rech­ten vor­ge­se­hen. Die Über­tra­gung erfolgt über das Wert­rech­te­re­gis­ter und gestützt auf die Rege­lun­gen der zwi­schen den Par­tei­en abge­schlos­se­nen Regis­ter­ver­ein­ba­rung. Bei der Aus­ge­stal­tung der Regis­ter­ver­ein­ba­rung haben die Ver­trags­par­tei­en gewis­sen Spielraum.

Per 1. Febru­ar 2021 ist eine wei­te­re Ände­rung in Kraft getre­ten. Gemäss der bis­he­ri­gen Rechts­la­ge muss­ten sich sämt­li­chen Finanz­dienst­leis­ter einer Ombuds­stel­le anschlies­sen. Seit dem 1. Febru­ar 2021 ist dies nur noch für die­je­ni­gen Finanz­dienst­leis­ter die Pflicht, wel­che ihre Dienst­leis­tun­gen gegen­über Pri­vat­kun­den erbringen.

Die voll­stän­di­ge Inkraft­set­zung der DLT-Vor­la­ge wird auch in ande­ren Geset­zen noch zu Ände­run­gen oder Ergän­zun­gen füh­ren. Betrof­fen sind ins­be­son­de­re das Bun­des­ge­setz über die Schuld­be­trei­bung und den Kon­kurs vom 11. April 1889 (SchKG), das Finanz­dienst­leis­tungs­ge­setz vom 15. Juni 2018 (FIDLEG), das Natio­nal­bank­ge­setz vom 3. Okto­ber 2003 (NBG), das Ban­ken­ge­setz vom 8. Novem­ber 1934 (BankG), das Finanz­in­sti­tuts­ge­setz vom 15. Juni 2018 (FINIG), das Geld­wä­sche­rei­ge­setz vom 10. Okto­ber 1997 (GwG), das Buch­ef­fek­ten­ge­setz vom 3. Okto­ber 2008 (BEG) und das Finanz­markt­in­fra­struk­tur­ge­setz vom 19. Juni 2015 (Fin­fraG). Die wei­te­ren Anpas­sun­gen wer­den vor­aus­sicht­lich per 1. August 2021 in Kraft treten.

2. Wesent­li­che Bestim­mun­gen aus Sicht des Aktienrechts

Eine wich­ti­ge neue Bestim­mung aus Sicht des Akti­en­rechts bil­det Art. 622 Abs. 1 OR. Fort­an kön­nen Akti­en einer Schwei­zer Akti­en­ge­sell­schaft – gestützt auf eine ent­spre­chen­de sta­tu­ta­ri­sche Grund­la­ge –  auch als Regis­ter­wert­rech­te i.S.v. Art. 973d OR aus­ge­ge­ben wer­den. Das neue Instru­ment des Regis­ter­wert­rechts ist in Art. 973d bis 973i OR geregelt.

Als „Regis­ter­wert­recht“ wird das Recht bezeich­net, das gemäss Ver­ein­ba­rung zwi­schen den Par­tei­en (Regis­trie­rungs­ver­ein­ba­rung) in einem Wert­rech­te­re­gis­ter ein­ge­tra­gen ist. Das Recht kann ein­zig über die­ses Wert­rech­te­re­gis­ter gel­tend gemacht wer­den oder über­tra­gen wer­den (Art. 973d Abs. 1 OR). Die Über­tra­gung von Regis­ter­wert­rech­ten ist ohne Schrift­form­erfor­der­nis mög­lich. Als „Recht“ kom­men ein obli­ga­to­ri­scher Anspruch (ver­tret­ba­res oder nicht ver­tret­ba­res Recht), ein Mit­glied­schafts­recht (z.B. an Akti­en- und Kom­man­dit­ge­sell­schaf­ten) oder ding­li­che Rech­te in Fra­ge, die als Wert­pa­pie­re aus­ge­ge­ben wer­den kön­nen. Auch Antei­le an Real­wer­ten sowie Antei­le an ande­ren Ver­mö­gens­wer­ten, wel­che in der Form von sog. „Anla­ge-Token“ aus­ge­ge­ben wer­den, kön­nen als Regis­ter­wert­rech­te aus­ge­stal­tet sein. Das­sel­be gilt für Nut­zungs­rech­te (sofern die­se zivil­recht­lich eine For­de­rung dar­stel­len), wel­che in der Form von sog. Nut­zungs-Token aus­ge­ge­ben wer­den. Rei­ne Kryp­to­wäh­run­gen bzw. kryp­to­ba­sier­te Zah­lungs­mit­tel (Pay­ment-Token etc.) wie bei­spiels­wei­se Bit­coin oder Ether, wer­den als rei­ne imma­te­ri­el­le Ver­mö­gens­wer­te ange­se­hen und kön­nen des­halb nicht als Regis­ter­wert­rech­te aus­ge­stal­tet werden.

Regis­ter­wert­rech­te sind bezüg­lich der Wir­kung ver­gleich­bar mit Wert­pa­pie­ren. Der Schuld­ner muss des­halb gegen­über dem im Regis­ter aus­ge­wie­se­nen Gläu­bi­ger leis­ten (Berech­ti­gung und Ver­pflich­tung, vgl. Art. 973e Abs. 1 OR). Der Schuld­ner wird nur durch Leis­tung an den im Regis­ter bezeich­ne­ten Gläu­bi­ger befreit, auch wenn die­ser nicht der tat­säch­li­che Gläu­bi­ger ist (sog. „Legi­ti­ma­ti­ons­wir­kung“). Der gut­gläu­bi­ge Erwer­ber eines Regis­ter­wert­rechts wird dar­über hin­aus in sei­nem Erwerb geschützt (Art. 973 Abs. 3 OR).

3. DLT-Akti­en

Gestützt auf die neue Bestim­mung von Art. 622 Abs. 1 OR haben Schwei­zer Akti­en­ge­sell­schaf­ten neu die Mög­lich­keit, DLT-Akti­en aus­zu­ge­ben. Dafür ist eine ent­spre­chen­de Grund­la­ge in den Sta­tu­ten nötig. Die Sta­tu­ten müs­sen vor­se­hen, dass die Akti­en als Wert­rech­te gemäss Art. 973c (ein­fa­che Wert­rech­te) oder Art. 973d OR (Regis­ter­wert­rech­te), resp. als Buch­ef­fek­ten gestützt auf das Bun­des­ge­setz über Buch­ef­fek­ten (BEG) vom 3. Okto­ber 2008, aus­ge­ge­ben wer­den kön­nen. Damit wird die Trans­pa­renz in der objek­ti­ven Ord­nung der Gesell­schaft sicher­ge­stellt. Wei­ter wird ver­hin­dert, dass der Ver­wal­tungs­rat gegen den Wil­len der Aktio­nä­re Akti­en in der Form von Regis­ter­wert­rech­ten ein­führt. Sta­tu­ta­risch kann eine direk­te Ver­knüp­fung der Aktio­närs­stel­lung mit einem Token vor­ge­se­hen wer­den. Alter­na­tiv besteht die Mög­lich­keit, dass der Ver­wal­tungs­rat zur Toke­ni­sie­rung der Akti­en ermäch­tigt wird. Die Sta­tu­ten kön­nen ent­we­der eine Ermäch­ti­gung des Ver­wal­tungs­ra­tes vor­se­hen oder aber direkt anord­nen, dass Regis­ter­wert­rech­te aus­ge­ge­ben wer­den sol­len (zusätz­lich Abschluss Regis­trie­rungs­ver­ein­ba­run­gen). Regis­ter­wert­rech­te set­zen vor­aus, dass das Wert­rech­te­re­gis­ter die Anfor­de­run­gen nach Art. 973d Abs. 2 OR (Ver­fü­gungs­macht, Inte­gri­tät, Vor­ga­ben zum Inhalt der Rech­te, Ein­seh­bar­keit etc.) erfüllt. Der Gesetz­ge­ber setzt die­se Anfor­de­run­gen vor­aus, d.h. wenn das Regis­ter die­se Anfor­de­run­gen erfüllt, sind die Ein­trä­ge im Regis­ter als Regis­ter­wert­rech­te zu qualifizieren.

Die Gesell­schaft trägt die Ver­ant­wor­tung für die Wahl der Regis­ter­tech­no­lo­gie, wel­che die Akti­en defi­niert. Dazu gehö­ren auch die Gewähr­leis­tung der Sicher­heit und der Qua­li­tät sowie die Ein­hal­tung der wei­te­ren recht­li­chen Vor­ga­ben und/oder Bedin­gun­gen (bspw. Im Rah­men von Smart Con­tracts). Die Regis­ter­tech­no­lo­gie ist dabei z.B. so aus­zu­ge­stal­ten, dass bei Vor­han­den­sein von vin­ku­lier­ten Namen­ak­ti­en (sta­tu­ta­ri­sche Grund­la­ge) eine Über­tra­gung der als Regis­ter­wert­rech­te aus­ge­ge­be­nen Akti­en nicht ohne die vor­gän­gi­ge Zustim­mung der Gesell­schaft mög­lich ist. Das Wert­rech­te­re­gis­ter (Art. 973d OR) kann grund­sätz­lich gleich­zei­tig auch die Funk­ti­on eines elek­tro­nisch geführ­ten Akti­en­buchs, Ver­zeich­nis­ses der Inha­ber­ak­tio­nä­re resp. Ver­zeich­nis über die der Gesell­schaft gemel­de­ten wirt­schaft­li­chen berech­tig­ten Per­so­nen, über­neh­men. Damit erüb­rigt sich die Füh­rung sepa­ra­ter Regis­ter. Vor­aus­set­zung dafür ist, dass das Wert­rech­te­re­gis­ter die gesetz­li­chen Anfor­de­run­gen ein­hält (vgl. Art. 686 und 697l OR).

4. Fazit

Wie kaum ein ande­res Rechts­ge­biet ist das Wert­pa­pier­recht seit jeher digi­tal beein­flusst wor­den (durch Sicher­heits­druck, Sam­mel­ver­wah­rung, Digi­ta­li­sie­rung etc.). Mit dem DLT-Gesetz erfolgt ein wei­te­rer Schritt in der digi­ta­len Ent­wick­lung. Akti­en­ge­sell­schaf­ten ist es seit dem 1. Febru­ar 2021 gestat­tet, bei Vor­lie­gen einer sta­tu­ta­ri­schen Grund­la­ge, ihre Akti­en digi­tal auszugeben.

Mit dem digi­ta­len Akti­en­re­gis­ter kön­nen Schwei­zer Unter­neh­men ihr Akti­en­re­gis­ter neu online füh­ren. Mit­tels Token wird das Ver­fah­ren der Aus­ga­be, der Ver­wah­rung sowie der Über­tra­gung der Akti­en ver­ein­facht. Die Abwick­lungs­kos­ten sind tie­fer als bei nicht-digi­ta­len Akti­en. Zudem wird die Ver­wal­tung der Aktio­nä­re ver­ein­facht: Aktio­nä­re kön­nen das Akti­en­buch direkt ein­se­hen. Sämt­li­che Trans­fers von Antei­len wer­den auto­ma­tisch im Akti­en­buch syn­chro­ni­siert. Der Auf­wand von Sei­ten der Gesell­schaft zur Pfle­ge des Akti­en­buchs sinkt, da die­ses stets auf dem aktu­ells­ten Stand ist. Ins­ge­samt gewin­nen Unter­neh­men mit der Digi­ta­li­sie­rung der Akti­en an Effi­zi­enz, wäh­rend die Ver­wal­tung vie­ler Aktio­nä­re ver­ein­facht wird.

Hue­ber­li Lawy­ers AG ist spe­zia­li­siert auf gesell­schafts­recht­li­che Fra­ge­stel­lun­gen. Ger­ne unter­stüt­zen wir Sie im Zusam­men­hang mit digi­ta­len Aktien.


[1] Die neu­en Bestim­mun­gen im Obli­ga­tio­nen­recht sind Art. 622 Abs. 1 und 1bis; Art. 973c-973i und 1153a OR. Zudem gibt es auch Neu­re­ge­lun­gen im Buch­ef­fek­ten­ge­setz (Art. 4 Abs. 2 lit. f und g; Art. 5 lit. g und h; Art. 6 Abs. 1 lit. c und d sowie Abs. 2 und 3; Art. 7 Abs. 1 und 2; Art. 9 Abs. 1; Art. 11 Abs. 3 lit. b und Art. 17 Abs. 1 lit. b sowie Abs. 4 BEG) und im Bun­des­ge­setz über das inter­na­tio­na­le Pri­vat­recht (Art. 105 Abs. 2; Art. 106; Art. 108a und Art. 145a IPRG).

[2] Die FINMA unter­schei­det dabei zwi­schen Zah­lungs-Token (bspw. Bit­coin), Nut­zungs-Token (Zugang zu einer digi­ta­len Nutzung/Dienstleistung) und Anla­ge-Token (Akti­en, Obli­ga­tio­nen, Deri­va­te oder Immo­bi­li­en, Kunst etc.).


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