Digitaler Nachlass – was geschieht mit meinen Daten im Todesfall?
Facebook-Login oder Netflix-Abo – Nach einem Todesfall müssen sich Angehörige zunehmend auch um das digitale Erbe kümmern. Dies kann besonders zeitraubend und herausfordernd sein, wenn die genutzten Online-Dienste oder die Zugangsdaten des Verstorbenen nicht bekannt sind. Es ist daher ratsam, sich bereits zu Lebzeiten Gedanken über den digitalen Nachlass zu machen und so den Hinterlassenen den ganzen Prozess im Todesfall zu erleichtern.
Überblick
In einem Onlineshop einkaufen, soziale Kontakte online pflegen, digital Zeitung lesen – wir hinterlassen jeden Tag Spuren im Internet. Auch die Ablage wichtiger Unterlagen wie persönlicher Dokumente, Rechnungen, Steuererklärungen oder Bankauszüge verschiebt sich von der physischen Aufbewahrung hin zur digitalen Speicherung auf Datenträgern oder in der Cloud. Doch was passiert bei einem Todesfall? Wer kümmert sich um meine Accounts und kündigt laufende Abonnemente? Wie erhalten meine Angehörigen Zugang zu den Online-Portalen?
Was gehört zum digitalen Nachlass und wer regelt diesen im Todesfall?
Bei einem Todesfall gibt es nur einen Nachlass – es wird rechtlich gesehen nicht zwischen einem digitalen und einem analogen Nachlass unterschieden. Die Erben übernehmen alle Rechte und Pflichten des Verstorbenen – damit auch den digitalen Nachlass. Dazu gehören beispielsweise lokal gespeicherte Daten, Benutzerkonten («Accounts») und kryptobasierte Vermögenswerte. Auch Website-Domains oder geistige Schöpfungen des Erblassers (z.B. im Bereich Kunst und Literatur) zählen dazu. Bei einem Todesfall gehen diese Daten, Vermögenswerte und Rechte somit grundsätzlich an die Erbengemeinschaft.
Für die Verwaltung der digitalen Daten durch die Erbengemeinschaft ist grundsätzlich Einstimmigkeit erforderlich. Dies kann in der Praxis zu erheblichen Schwierigkeiten führen. Die Einsetzung eines Willensvollstreckers in einer letztwilligen Verfügung oder einem Erbvertrag ermöglicht eine einfache und rasche Abwicklung des digitalen Nachlasses durch eine Vertrauensperson.
Herausforderungen in der Realität
Teilweise kann in den Nutzungsbestimmungen der Online-Anbieter die Vorgehensweise bei einem Todesfall explizit festgelegt werden. In der Praxis treten jedoch häufig Schwierigkeiten wie komplexe Ablaufverfahren oder automatisierte Prozesse auf. Bei Facebook beispielsweise erfolgt im Todesfall eine automatische Umwandlung des Profils in den Gedenkzustand. Die Mitteilung durch eine Drittperson ist ausreichend – die Erben können diesen Prozess nicht beeinflussen.
Schwierig wird die Abwicklung des digitalen Nachlasses, wenn Zugangsdaten zu Accounts sowie eine Übersicht über vorhandene digitale Vermögenswerte fehlen. In diesem Fall sind langwierige Verfahren mit den einzelnen Online-Anbietern erforderlich. Speziell bei kryptobasierten Vermögenswerten ist die Aufbewahrung des Private Keys zwingend. Eine Wiederherstellung ist nicht möglich. Auf diesem Wege verschwinden nach wie vor grosse Vermögenswerte.
Checkliste zum digitalen Nachlass: Was kann ich zu Lebzeiten vorkehren?
Wir empfehlen insbesondere, folgende Vorkehrungen zu Lebzeiten zu treffen:[1]
– Liste führen mit Logindaten (sicher aufbewahren, z.B. Passwortmanager, Safe)
- E-Mail Accounts und Smartphone prioritär zugänglich machen (z.B. um Passwort zurückzusetzen, 2-Faktoren-Authentifizierung)
- sämtliche Abonnemente markieren, damit diese schnellstmöglich gekündigt werden können
- Liste aktuell halten
– Nutzungsbestimmungen wichtiger online Anbieter überprüfen und allenfalls Person bestimmen
– Vertrauensperson informieren
– Festlegen, welche Profile, Online Konten, Daten etc. erhalten bleiben, welche gelöscht werden sollen und welche an Drittpersonen übertragen werden sollen (Achtung: Formvorschriften berücksichtigen!)
– Vorsorgeauftrag erstellen (mit Ermächtigung für digitalen Nachlass)
– Willensvollstrecker einsetzen (mit Ermächtigung für digitalen Nachlass)
– Kryptowährungen regeln
Vorgehen für Hinterbliebene
Hinterbliebenen wird empfohlen, sich zuerst einen Überblick über die vorhandenen Logins und laufenden Abonnemente zu verschaffen. Wurden seitens Erblasser Anweisungen zum digitalen Nachlass getroffen, welche beachtet werden müssen? Besteht eine Liste mit allen Logindaten insbesondere E-Mail-Account? Auf jeden Fall sollte zuerst der Fokus auf kostenpflichtige Dienste und deren Abo-Kündigung gelegt werden, um weitere Kosten zu vermeiden. Die definitive Löschung von Accounts sollte erst nach Unterzeichnung des Erbteilungsvertrages vollzogen werden. Dabei ist wichtig, dass nicht nur die Apps gelöscht werden, sondern auch die dazugehörigen Benutzerkonten.
Was ist zu tun, wenn Zugangsdaten für Accounts fehlen? In solchen Fällen muss mit den Anbietern Kontakt aufgenommen werden und in der Regel der Todesschein und die Erbbescheinigung eingereicht werden. Dieser Prozess kann Zeit in Anspruch nehmen.
Fazit
Ein Verlust einer nahestehender Person ist schmerzlich und die damit verbundenen Aufgaben im Todesfall anstrengend und zeitraubend. Mit wichtigen Vorkehrungen zu Lebzeiten helfen Sie, Ihren Angehörigen Zeit und Nerven zu sparen. Machen Sie sich Gedanken zu Ihrem digitalen Erbe, führen Sie eine Liste mit Ihren Logindaten, bewahren Sie diese sicher auf, regeln Sie Ihren Nachlass und vergessen Sie dabei den digitalen Bereich nicht.
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[1] In Anlehnung an Cordula Lötscher, Der digitale Nachlass, Rz. 396.
[2] Stand September 2024; Autor: RA Matthias Hüberli.
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