
Einreiseverbot erhalten – wie weiter?

Gegen weggewiesene Ausländerinnen und Ausländer kann das Staatssekretariat für Migration (SEM) Einreiseverbote für die Schweiz und das Fürstentum Liechtenstein oder den ganzen Schengen-Raum mit einer Dauer von bis zu fünf Jahren aussprechen. In schwerwiegenden Fällen droht sogar ein unbefristetes Einreiseverbot. Die Inbetriebnahme des Entry/Exit System (EES) für Drittstaatsangehörige an den Schengen-Aussengrenzen per 12. Oktober 2025 erleichtert es den Behörden, Einreiseverbote systematisch durchzusetzen. Haben Sie ein Einreiseverbot erhalten? Wir zeigen Ihnen auf, unter welchen Voraussetzungen die Behörden ein Einreiseverbot verfügen können und wie Sie sich dagegen wehren.
Zahlreiche Gründe für ein Einreiseverbot
Ausländerinnen und Ausländer können aus verschiedenen Gründen ein Einreiseverbot erhalten. Beispiele sind die Nichtausreise innert der angesetzten Frist, Verstösse oder eine Gefährdung gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung in der Schweiz oder im Ausland, illegale Einreise, illegaler Aufenthalt, Arbeiten ohne Bewilligung respektive die Beschäftigung von Arbeitnehmern ohne Bewilligung sowie die Verursachung von hohen Sozialhilfekosten.
Die maximale Dauer des Einreiseverbots beträgt grundsätzlich fünf Jahre und wird vom Staatssekretariat für Migration (SEM) verfügt. In seltenen Fällen erlässt auch das Bundesamt für Polizei (fedpol) Einreiseverbote zur Wahrung der inneren oder der äusseren Sicherheit der Schweiz, wobei diese Einreiseverbote auch unbefristet gelten können.
Verhältnis des Einreiseverbotes zur Landesverweisung
Das vom SEM oder vom fedpol ausgesprochene Einreiseverbot darf nicht mit der strafrechtlichen Landesverweisung verwechselt werden.[1] Spricht das Gericht im Rahmen des Strafverfahrens eine Landesverweisung aus, verzichtet das SEM auf den Erlass eines Einreiseverbotes.[2] Verzichtet das Gericht hingegen explizit auf eine Landesverweisung, darf das SEM dennoch ein Einreiseverbot anordnen, sofern die Dauer des Einreiseverbotes weniger als drei Jahre beträgt.[3] In diesem Fall kann das SEM nach eigenem Ermessen entscheiden, ob und wie lange es ein Einreiseverbot erlassen will.
Verstoss gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung als häufigster Grund
In der Praxis wird ein Einreiseverbot am häufigsten aufgrund eines Verstosses gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgesprochen. Gemäss Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts liegt ein solcher Verstoss insbesondere bei einer Missachtung von gesetzlichen Vorschriften oder behördlichen Verfügungen vor.[4] Aufgrund des Verhältnismässigkeitsprinzips führt allerdings nicht jeder Gesetzesverstoss zu einem Einreiseverbot. Einfache Übertretungen (bspw. die meisten Verkehrsdelikte) reichen in der Regel nicht aus, um ein Einreiseverbot zu erhalten.
Overstay von wenigen Tagen genügt
Personen mit einer Aufenthalts- oder Niederlassungsbewilligung erhalten nur dann ein Einreiseverbot, wenn sie mehrfach oder schwer gegen die öffentliche Sicherheit verstossen. Für Personen ohne Aufenthaltsrecht in der Schweiz, zum Beispiel Touristinnen und Touristen, gilt ein strengerer Massstab. Schon ein kurzer «overstay» von wenigen Tagen kann genügen. Das heisst, wenn jemand nach Ablauf des Visums in der Schweiz bleibt oder ohne das notwendige Visum einreist, kann ein Einreiseverbot ausgesprochen werden. Ob und wie lange ein Einreiseverbot verhängt wird, ist von Fall zu Fall unterschiedlich und wird anhand einer Abwägung zwischen dem öffentlichen Fernhalteinteresse und den privaten Interessen der Betroffenen entschieden.[5]
Ausschreibung im Schengener Informationssystem (SIS)
Grundsätzlich gelten vom SEM ausgesprochene Einreiseverbot nur für die Schweiz und das Fürstentum Liechtenstein. Sofern es sich um eine Ausländerin oder einen Ausländer handelt, der oder die nicht über die Staatsangehörigkeit eines EU/EFTA-Landes verfügt (= Drittstaatsangehörige/r), ist die Schweiz aufgrund ihrer Schengen-Mitgliedschaft jedoch verpflichtet, das Einreiseverbot im Schengener Informationssystem (SIS) auszuschreiben, wenn die Anwesenheit dieses Drittstaatsangehörigen in ihrem Hoheitsgebiet eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt.[6] Dies wird in der Regel bejaht, sofern die begangene Straftat nach Schweizer Recht mit einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr bedroht ist.[7] Als Folge der Ausschreibung im SIS gilt das Einreiseverbot nicht nur für die Schweiz und das Fürstentum Liechtenstein, sondern für den ganzen Schengen-Raum.[8]
Einführung des Entry/Exit Systems (EES)
Mit Inbetriebnahme des Entry/Exit System (EES) werden ab dem 12. Oktober 2025 an den Aussengrenzen der Schengen-Länder die biometrischen Daten von einreisenden Drittstaatsangehörigen systematisch erfasst, um Einreiseverbote einheitlich durchzusetzen und overstays besser erkennen zu können.
Anfechtung des Einreiseverbotes
Beim Einreiseverbot handelt es sich um eine Verfügung einer Bundesbehörde. Diese kann in der Regel innert 30 Tagen nach Eröffnung beim Bundesverwaltungsgericht in St. Gallen angefochten werden. Grundsätzlich ist es möglich, das Verfahren ohne Anwalt zu bestreiten. Aufgrund der Komplexität der Materie ist eine vorgängige anwaltliche Beratung allerdings empfehlenswert.
Einreiseverbot erhalten – Fazit
Ein Einreiseverbot kann bei Verstoss gegen die öffentliche Ordnung verfügt werden. Am häufigsten wird ein Einreiseverbot aufgrund eines Gesetzesverstosses ausgesprochen. Bereits ein kurzer «overstay» nach Ablauf des Visums oder der maximal erlaubten Aufenthaltsdauer kann ausreichen. Bei Drittstaatangehörigen kann das Einreiseverbot nicht nur für die Schweiz und das Fürstentum Liechtenstein gelten, sondern auch für den ganzen Schengen-Raum. Hueberli Lawyers AG unterstützt Sie gerne im Zusammenhang mit Einreiseverboten. Wir freuen uns über Ihre Kontaktaufnahme.[9]
[1] Art. 67 AIG (Einreiseverbot); Art. 66a ff. StGB (Landesverweisung).
[2] SEM, Weisungen AIG, Kap. 8.4.2.1.1, <https://www.sem.admin.ch/dam/sem/de/data/rechtsgrundlagen/weisungen/auslaender/weisungen-aug-d.pdf.download.pdf/weisungen-aug-d.pdf> (Stand am 1. September 2025).
[3] Urteil des BVGer F-7458/2024 vom 23. Mai 2025 E. 5.1.6.
[4] Urteil des BVGer F-7543/2024 vom 14. Juli 2025 E. 4.3.
[5] BVGE 2016/33 E. 9.2.
[6] Art. 24 Abs. 1 lit. a der Verordnung (EU) 2018/1861 (SIS-II-Verordnung).
[7] Art. 24 Abs. 2 lit. a der Verordnung (EU) 2018/1861 (SIS-II-Verordnung).
[8] Liste der Schengen-Länder: Schweiz, Liechtenstein, Island, Norwegen, Belgien, Bulgarien, Dänemark, Deutschland, Estland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Italien, Kroatien, Lettland, Litauen, Luxemburg, Malta, Niederlande, Polen, Portugal, Rumänien, Schweden, Slowakei, Slowenien, Spanien, Tschechien und Ungarn.
[9] Stand: September 2025; Autorin: RAin Sarah Dietschweiler.
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