Die Absetzung und Änderung des Willensvollstreckers
Ein Erblasser kann im Rahmen einer letztwilligen Verfügung vorsehen, dass mithilfe eines Willensvollstreckers sein letzter Wille durchgesetzt wird. Als Willensvollstrecker kann jede handlungsfähige Person beauftragt werden. Doch was kann die Erbengemeinschaft tun, wenn sie mit den Handlungen des Willensvollstreckers nicht einverstanden ist? Kann die Erbengemeinschaft den Willensvollstrecker unter Umständen absetzen? Und wie gehe ich vor, wenn ich eine Person in einer bestehenden letztwilligen Verfügung ersetzen will? Muss ich die gesamte Verfügung ändern respektive ersetzen?
Aufgaben des Willensvollstreckers
Der durch den Erblasser eingesetzte Willensvollstrecker sollte die Erbschaft verwalten, die Schulden des Erblassers begleichen, die Vermächtnisse ausrichten und schliesslich die Teilung vornehmen. Dieser hat zur Aufgabe, den Willen so wie ihn der Erblasser in seinem Testament oder in einem Erbvertrag vorgesehen hat, durchzusetzen. Bestehen keine Anordnungen in Bezug auf die Teilung, hat der Willensvollstrecker die Teilung nach den gesetzlichen Vorschriften vorzunehmen. Grundsätzlich hat der Willensvollstrecker im Interesse sämtlicher Erben zu handeln, dabei kommt ihm aber ein enormer Ermessensspielraum zu. In den meisten Fällen erfüllen die beauftragten Willensvollstrecker ihre Aufgaben einwandfrei und erleichtern mit ihrer Arbeit die Erbteilung. Dennoch kommt es vor, dass der Willensvollstrecker das Vermögen des Erblassers schadhaft verringert, erforderliche Handlungen verspätet oder gar nicht vornimmt und zu guter Letzt ein übersetztes Honorar für seine Tätigkeit fordert. Solche Situationen sind für sämtliche Beteiligten ärgerlich. Doch unter bestimmten Voraussetzungen kann der Willensvollstrecker durch die Erben abgesetzt werden.
Absetzung des Willensvollstreckers
Vorweg soll hier erwähnt sein, dass die Erben den Willensvollstrecker nicht eigenständig – auch nicht bei Einigkeit – absetzen können. Die Absetzung durch die Erben oder Vermächtnisnehmer erfolgt durch einen entsprechenden Antrag bei der Aufsichtsbehörde oder durch den Richter.[1] Die Absetzung des Willensvollstreckers wird erst als letzte Massnahme (ultima ratio) ergriffen, da sie einem schweren Eingriff in die Situation des Willensvollstreckers gleichkommt. Ist der Willensvollstrecker sodann einmal abgesetzt, entfällt die Willensvollstreckung gänzlich. Das bedeutet, dass sich die Erben ab diesem Zeitpunkt selbst um die Verwaltung der Erbschaft kümmern müssen oder gemeinsam eine Erbenvertretung ernennen. Vorausgesetzt der Erblasser hat keinen Ersatzwillensvollstrecker vorgesehen. Eine Absetzung ist möglich, wenn die ordnungsgemässe Abwicklung des Nachlasses oder der Nachlass in seiner Substanz gefährdet ist.[2] Absetzungsgründe stellen beispielsweise eine grobe Pflichtverletzung, die Unmöglichkeit einer gehörigen Erfüllung der Nachlassabwicklung oder ein Interessenskonflikt des Willensvollstreckers dar.
Schwerwiegende Pflichtverletzung
Der Willensvollstrecker ist für die getreue und sorgfältige Ausführung des ihm übertragenen Geschäftes verantwortlich. Als schwerwiegende Pflichtverletzung beurteilte das Bundesgericht bspw. eine Veräusserung eines Grundstückes gegen den Willen eines Erben in einer Erbteilung[3] oder der freihändige Verkauf eines Grundstückes[4], obwohl die Erben die Versteigerung desgleichen verlangt hatten (vgl. Art. 612 Abs. 3 ZGB). Aber auch wiederholte mittelschwere Pflichtverletzungen können dazu führen, dass der Willensvollstrecker schliesslich abgesetzt wird.
Unmöglichkeit gehöriger Erfüllung
Die gehörige Erfüllung des Willensvollstrecker-Mandates kann aus verschiedenen Gründen unmöglich werden. Sei dies aufgrund einer fachlichen Unfähigkeit des Willensvollstreckers, einer längeren Auslandsabwesenheit, einer Trunksucht, einer schweren Krankheit oder einer Erbunwürdigkeit des Willensvollstreckers, der gleichzeitig Erbe ist.[5]
Interessenkonflikt
Interessenskonflikte können sich auf verschiedene Art und Weise manifestieren und die ordnungsgemässe Erfüllung von Rechten und Pflichten durch den Willensvollstrecker gefährden oder gar verunmöglichen. Sei dies, weil der Willensvollstrecker gleichzeitig vom Erblasser ein Vermächtnis erhalten soll, es sich beim Willensvollstrecker um einen Erben oder dessen ehemaligen Beistand handelt. Jedoch nicht jeder Interessenskonflikt führt dazu, dass der Willensvollstrecker auch tatsächlich abgesetzt werden kann. Erst wenn der Interessenskonflikt so ausgeprägt ist, dass die zweckgemässe und störungsfreie Ausführung des erteilten Mandates nicht mehr möglich ist oder durch den Interessenskonflikt eine grobe Pflichtverletzung droht, ist die Absetzung durch den Richter möglich und auch wahrscheinlich. Bedeutungslose Interessenskonflikte führen nicht zu einer Absetzung des Willensvollstreckers. Bei der Beurteilung, ob der Interessenskonflikt die Ausübung des Mandates gefährdet, ist stets der Einzelfall zu beurteilen.
Abänderung des Willensvollstreckers zu Lebzeiten
Ein in einer bestehenden letztwilligen Verfügung oder einem Erbvertrag ernannter Willensvollstrecker kann einseitig und mit wenig Aufwand widerrufen oder abgeändert werden. Dies erfolgt mit einer ergänzenden letztwilligen Verfügung. Es macht in diesem Zusammenhang in jedem Fall Sinn, den gesamten bestehenden Vertrag auf Ihre individuellen Bedürfnisse zu überprüfen. Ein Änderungsbedarf kann sich aus einer angepassten Vermögenssituation, aus der Erbrechtsrevision oder aufgrund eines veränderten letzten Willen ergeben.
Fazit
Grundsätzlich lohnt sich die Einsetzung eines Willensvollstreckers zwecks rascher und einfacher Nachlassabwicklung. Die Auswahl des Willensvollstreckers sollte vom Erblasser vorsichtig getroffen werden. Denn im Erbfall ist der Willensvollstrecker nicht so einfach abgesetzt, wie er eingesetzt wurde. Eine Absetzung bedarf grober Verstösse und dient ausschliesslich als letzte Massnahme (ultima ratio). Reichen weniger weitgehende disziplinarische Massnahmen (Empfehlungen, Weisungen, Ermahnungen), um den Willensvollstrecker in die Schranken zu weisen, wird sich die Aufsichtsbehörde erst dieser bedienen. Bevor rechtliche Schritte eingeleitet werden, empfehlen wir den Erben, mit dem eingesetzten Willensvollstrecker Kontakt aufzunehmen und ihn aufzufordern, das Willensvollstreckermandat niederzulegen.
Hueberli Lawyers AG ist spezialisiert auf erbrechtliche Fragestellungen. Wir freuen uns über Ihre unverbindliche Kontaktaufnahme.[6]
[1] BGE 90 II 376, 381; BSK ZGB II – KARRER/VOGT/LEU, Art. 518 N 103.
[2] BGer 5A_50/2019 vom 20.6.2019, E.3; 5D_136/2015 vom 18.4.2016, E 5.1. und 5.3; 5A_55/2016 vom 11.4.2016, E. 3.1.
[3] BGer 5A_522/2014 vom 16. Dezember 2015.
[4] BGE 97 II 11 E. 3 ff.
[5] BGE 132 III 305, 315; BSK ZGB II – KARRER/VOGT/LEU, Art. 518 N 104.
[6] Stand März 2024; Autor: RA Matthias Hüberli.
Kontakt
Haben Sie Fragen zum Thema Willensvollstrecker? Gerne dürfen Sie uns unverbindlich kontaktieren.
Diesen Artikel als PDF lesen.