Neuerungen im Quellensteuerrecht
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Seit dem 1. Januar 2021 sind die revidierten Regelungen zur Quellensteuer in Kraft. Zweck der Revision war es u.a., der jüngeren nationalen und internationalen Rechtsprechung sowie dem aktuellen Stand der Technik Rechnung zu tragen. Dieser Artikel zeigt wesentliche Änderungen auf, die Arbeitgeber zu berücksichtigen haben, welche quellensteuerpflichtige Arbeitnehmer beschäftigen.
1. Einleitung
Der Quellensteuer unterliegen grundsätzlich alle Ersatzeinkünfte aus Arbeitsverhältnissen sowie aus Kranken-, Unfall-, Invaliden- und Arbeitslosenversicherung (insb. Taggelder, Entschädigungen, Bruchteilrenten und an deren Stelle tretende Kapitalleistungen sowie Familienzulagen). Der Quellensteuer auf Ersatzeinkommen unterliegen ausländische Arbeitnehmer ohne Niederlassungsbewilligung (Ausweis C). Vorgenannte müssen in der Schweiz einen Wohnsitz oder Aufenthalt haben. Im Ausland wohnende Grenzgänger, Wochenaufenthalter und Kurzaufenthalter unterliegen für das in der Schweiz erzielte Einkommen aus unselbständiger Erwerbstätigkeit, resp. ihre damit verbundenen Ersatzeinkünfte, der Quellensteuer.
Sowohl das Bundesgericht als auch der Europäische Gerichtshof (EuGH) kamen in der Vergangenheit zum Schluss, dass das aus dem Jahr 1995 stammende schweizerische Quellensteuersystem mit dem Personenfreizügigkeitsabkommen zwischen der Schweiz und der Europäischen Union nicht mehr vereinbar ist. Am 12. Juni 2019 publizierte die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) u.a. deshalb das Kreisschreiben Nr. 45 betreffend die „Quellenbesteuerung des Erwerbseinkommens von Arbeitnehmern“. Dieses präzisiert die neue Quellensteuerverordnung (vgl. Verordnung des EFD über die Quellensteuer bei der direkten Bundessteuer vom 11. April 2018, Stand: 1. Januar 2021). Das Kreisschreiben Nr. 45 hat schweizweit Gültigkeit und die darin enthaltenen Regelungen sind von sämtlichen Kantonen zu berücksichtigen.
2. Wesentlichste Änderungen für Schweizer Arbeitgeber
Der Arbeitgeber ist gesetzlich dazu verpflichtet, die Quellensteuer von den pflichtigen Arbeitnehmern einzubehalten und abzuführen. Mit der Neuerung gibt es insbesondere Änderungen im Hinblick auf den Abrechnungskanton sowie bei der Anpassung der Tarife. Zunehmend relevant sind auch Fragestellungen zum Vorliegen der „faktischen Arbeitgeberschaft“. Weiterer Handlungsbedarf ergibt sich u.a. auch bei Arbeitnehmern im Teilzeitpensum.
- Abrechnungskanton
Die Quellensteuer kann fortan nicht mehr immer nur im Sitzkanton des Arbeitgebers abgerechnet werden: Quellensteuerabrechnungen müssen seit dem 1. Januar 2021 zwingend mit den jeweils im Einzelfall zuständigen Kantonen (z.B. bei Arbeitnehmern mit Wohnsitz in der Schweiz im Wohnsitzkanton, bei Arbeitnehmern mit Ansässigkeit im Ausland und Wochenaufenthaltsstatus im Wochenaufenthaltskanton) abgerechnet werden. In der Deutschschweiz kommt dabei primär das „Monatsmodell“ zum Einsatz. Beim Monatsmodell ist am Ende des Monats der Quellensteuerabzug definitiv – vorbehältlich einer allfälligen nachträglichen ordentlichen Veranlagung. In den Kantonen Tessin, Freiburg, Genf, Waadt und Wallis wird derzeit noch das „Jahresmodell“ angewendet. Bei Letztgenanntem wird die Quellensteuer ebenfalls monatlich abgezogen. Am Ende des Jahres ist jedoch das Bruttojahreseinkommen massgebend (Jahresabgleich).[1] Die Arbeitgeber haben die entsprechenden Unterschiede bei der Abrechnung zu berücksichtigen. Zieht ein Arbeitnehmer z.B. in einen Kanton um, wo das andere Modell gilt, muss dies in der Lohnsoftware entsprechend berücksichtigt werden. Auch in Bezug auf den 13. Monatslohn sind entsprechende Überlegungen anzustellen.
Eine Abrechnung im Sitzkanton des Arbeitgebers bleibt zulässig z.B. für Verwaltungsratshonorare, sofern die Verwaltungsräte im Ausland ansässig sind oder bei exportierten Mitarbeiterbeteiligungen. Dasselbe gilt für Arbeitnehmer mit Ansässigkeit im Ausland und ohne Wochenaufenthaltsstatus.
- Tarife
Mit der neuen Quellensteuerverordnung fallen die bisherigen Tarife D (reduzierter Tarif für Nebenerwerbs- oder Ersatzeinkünfte) [2] und O (derselbe Tarif, allerdings explizit für deutsche Grenzgänger) weg. Dieser Wegfall macht in vielen Fällen Anpassungen an der Lohnsoftware des Arbeitgebers nötig. Zwecks korrekter Abrechnung hat der Arbeitgeber umfassende Informationen von den Arbeitnehmern, die der Quellensteuer unterstehen, einzuverlangen.
- Faktische Arbeitgeberschaft
V.a. bei Arbeitgeberentsendungen innerhalb des Konzerns ist die Sensibilisierung auf die Thematik der faktischen Arbeitgeberschaft von grosser Bedeutung. Als „faktischer Arbeitgeber“ gilt der Arbeitgeber, welcher die Weisungshoheit gegenüber dem Arbeitnehmer ausübt. Die Arbeitsleistung muss als Produkt geschuldet sein. Weiter muss der Arbeitnehmer in die Arbeitsorganisation des Arbeitgebers eingegliedert sein und der Arbeitgeber muss die Verantwortung und das Risiko für die Leistung des entsandten Arbeitnehmers tragen. Wird das Vorliegen einer faktischen Arbeitgeberschaft bejaht, ist die Quellensteuerpflicht in der Schweiz begründet. Das gilt u.U. selbst dann, wenn der entsandte Arbeitnehmende den Lohn fortwährend aus dem Ausland erhält sowie sein Arbeitsvertrag der Konzerngesellschaft im Ausland zuzuordnen ist. Faktische Arbeitgeber mit Sitz in der Schweiz werden als Quellensteuerschuldner angesehen und müssen folglich Quellensteuern abrechnen.
- Arbeitnehmer im Teilzeitpensum
Ist ein Arbeitnehmer nur für einen einzigen Arbeitgeber tätig und erzielt er daneben keine weiteren Einkünfte (Erwerbs- oder Ersatzeinkünfte), hat für die Satzbestimmung keine Umrechnung des Lohnes zu erfolgen. Hat ein Arbeitnehmer im Teilzeitpensum jedoch mehrere Arbeitsverhältnisse (inkl. Ersatzeinkünfte) im Teilzeitpensum, ist das satzbestimmende Einkommen für jedes einzelne Arbeits- resp. Versicherungsverhältnis zu ermitteln. Die Berechnung erfolgt wie folgt:
- Umrechnung auf den effektiven Gesamtbeschäftigungsgrad aller Erwerbstätigen (inkl. der Ersatzeinkünfte) eines Arbeitnehmers;
- Umrechnung auf den Beschäftigungsgrad von 100%, sofern der effektive Gesamtbeschäftigungsgrad durch den Arbeitnehmer nicht mitgeteilt wird;
- Umrechnung auf das tatsächliche Gesamtbruttoeinkommen, sofern die Einkünfte dem Schuldner der steuerbaren Leistung bekannt sind oder diese bekannt gegeben werden.
Dasselbe gilt, sofern eine oder mehrere Erwerbstätigkeiten im Ausland verrichtet werden/wurden oder wenn Ersatzeinkünfte im Ausland ausbezahlt werden/wurden. Wenn das Arbeitspensum einer Erwerbstätigkeit nicht bestimmt werden kann, steht dem Schuldner der steuerbaren Leistung für die Ermittlung des satzbestimmenden Einkommens die Option offen, den im massgebenden Steuerjahr für die Berechnung des Tarifcodes C zugrunde gelegten Betrag aufzurechnen. Dies ist z.B. bei einer pauschalentschädigten nebenamtlichen Hauswartsstelle der Fall. Für Arbeitnehmer im Stundenlohn resp. mit Tageslohn sollten sich durch den Wegfall des Tarifs D keine Änderungen ergeben.
3. Fazit
Die Arbeitgeber wurden anlässlich der Revision der Quellensteuerverordnung mit einigen Neuerungen konfrontiert. Nebst der Implementation der Änderungen in ihren Systemen (z.B. Lohnbuchhaltungsprogramm), sind die Arbeitgeber gut beraten, allenfalls mit den Steuerbehörden bestehende Vereinbarungen (sog. „Steuerrulings“) zu überprüfen. Falls solche bestehen und diese dem Kreisschreiben Nr. 45 widersprechende Regelungen in Bezug auf die Quellensteuer enthalten, haben die entsprechenden Regelungen keine Gültigkeit mehr. Die Vereinbarungen müssten in diesem Fall neu mit der Steuerbehörde ausgehandelt werden.
Hueberli Lawyers AG ist spezialisiert auf arbeitsrechtliche Fragestellungen. Wir freuen uns über Ihre Kontaktaufnahme.
[1] Betreffend die Berechnung in den beiden Modelle wird an dieser Stelle auf das Kreisschreiben Nr. 45 verwiesen.
[2] Arbeitnehmer die bislang dem Tarif D (Nebenerwerb) unterstanden, haben einen neuen Tarif erhalten.