Extremsport – wenn das Hobby zum Risiko wird

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Klas­si­sche Sport­ar­ten wie Wan­dern, Biken oder Ski­fah­ren erfreu­en sich in der Schweiz gros­ser Beliebt­heit. Jedoch kön­nen sport­li­che Akti­vi­tä­ten bei unsach­ge­mäs­ser Aus­füh­rung schnell immense finan­zi­el­le Fol­gen nach sich zie­hen. Nicht sel­ten gera­ten unge­üb­te Sport­ler gar in die Schlag­zei­len, weil auf­wän­di­ge Ret­tun­gen betrie­ben wer­den müs­sen. Wer in sol­chen Fäl­len die Kos­ten trägt, ist nicht immer eindeutig.

Ein­lei­tung

Wo Sport betrie­ben wird, gesche­hen Unfäl­le. Dies kann je nach Situa­ti­on schnell eine teu­re Ange­le­gen­heit wer­den. Nament­lich kön­nen dadurch auf­wän­di­ge Ret­tungs­ak­tio­nen erfol­gen, es besteht das Risi­ko einer (teil­wei­sen) Arbeits­un­fä­hig­keit oder es kön­nen mate­ri­el­le Schä­den ent­ste­hen. Um die­sen Risi­ken vor­zu­beu­gen, kann man in der Schweiz ver­schie­dens­te Ver­si­che­run­gen abschlies­sen. Jedoch ist dabei Vor­sicht gebo­ten, da nicht alle Ver­si­che­run­gen bezah­len, sofern der Unfall durch das Betrei­ben einer Extrem- bzw. Risi­ko­sport­art her­bei­ge­führt wur­de. In die­sem Zusam­men­hang stel­len sich diver­se Fra­gen: Ab wann gilt eine Akti­vi­tät als Risi­ko­sport­art? Kön­nen klas­si­sche Akti­vi­tä­ten wie Biken, Wan­dern oder Ski­fah­ren eben­falls als Risi­ko­sport qua­li­fi­ziert wer­den? Was sind die Kon­se­quen­zen, wenn man eine Risi­ko­sport­art betreibt? Wie kann man sich den­noch gegen die Risi­ken absichern?

Defi­ni­ti­on Risikosport

Eine all­ge­mein­gül­ti­ge Defi­ni­ti­on für Risi­ko­sport exis­tiert nicht. Jedoch kennt ins­be­son­de­re das Sozi­al­ver­si­che­rungs­recht im Bereich der Unfall­ver­si­che­rung eine recht­li­che Begriffs­be­stim­mung. Nament­lich kön­nen bei Nicht­be­rufs­un­fäl­len, die auf ein Wag­nis zurück­ge­hen, die Geld­leis­tun­gen um die Hälf­te gekürzt und in beson­ders schwe­ren Fäl­len gänz­lich ver­wei­gert wer­den.[1] Wag­nis­se sind Hand­lun­gen, mit denen sich der Ver­si­cher­te einer beson­ders gros­sen Gefahr aus­setzt, ohne die Vor­keh­run­gen zu tref­fen oder tref­fen zu kön­nen, die das Risi­ko auf ein ver­nünf­ti­ges Mass beschränkt.[2]

Abso­lu­te und rela­ti­ve Wagnisse

Die Defi­ni­ti­on für Wag­nis­se ist im Sozi­al­ver­si­che­rungs­recht sehr offen for­mu­liert und bedarf daher einer Aus­le­gung. In der Pra­xis unter­schei­det man zwi­schen abso­lu­ten und rela­ti­ven Wag­nis­sen. Ers­te­res liegt vor, wenn eine Sport­art unabhängig von der Erfah­rung, der Vor­be­rei­tung oder Aus­rüs­tung mit unver­hält­nis­mäs­sig gros­sen Gefah­ren ver­bun­den ist. Bei­spiels­wei­se gel­ten Base-Jum­ping, Moto­cross­ren­nen inkl. Trai­ning auf der Renn­stre­cke oder Tau­chen in einer Tie­fe von mehr als 40 Metern als Sport­ar­ten, bei wel­chen ein abso­lu­tes Wag­nis ein­ge­gan­gen wird.[3]

Bei einem rela­ti­ven Wag­nis ande­rer­seits ist eine Hand­lung an sich schüt­zens­wert, da die Gefahr durch die han­deln­de Per­son auf ein ver­nünf­ti­ges Mass redu­ziert wer­den kann. Zu prü­fen ist dabei, ob nach den per­sön­li­chen Fähig­kei­ten und der Art der Durch­füh­rung eine Gefah­ren­her­ab­set­zung mög­lich gewe­sen wäre und die­se im kon­kre­ten Fall unter­las­sen wur­de. Bei­spiels­wei­se kön­nen rela­ti­ve Wag­nis­se bei Schnee­sport­ak­ti­vi­tä­ten abseits mar­kier­ter Pis­ten, beim Gleit­schirm­flie­gen trotz ungüns­ti­gen Wind­be­din­gun­gen oder bei Berg­tou­ren mit unge­nü­gen­der Aus­rüs­tung und Erfah­rung vorliegen.

Kon­se­quen­zen

Sowohl bei abso­lu­ten als auch rela­ti­ven Wag­nis­sen ist mit einer Kür­zung der Geld­leis­tun­gen aus der Unfall­ver­si­che­rung um 50% zu rech­nen. In beson­ders schwe­ren Fäl­len kann die Geld­leis­tung jedoch auch gänz­lich ver­wei­gert wer­den. Dies kann bei­spiels­wei­se bei der Durch­füh­rung einer sehr schwie­ri­gen Berg­tour im Allein­gang, bei schlech­tem Wet­ter und trotz War­nung durch erfah­re­ne Berg­stei­ger der Fall sein.

Hin­ter­grund sol­cher Leis­tungs­kür­zun­gen ist eine Inter­es­sen­ab­wä­gung zwi­schen dem Gesamt­in­ter­es­se der Ver­si­cher­ten und dem schüt­zens­wer­ten Mass einer Betä­ti­gung. Nament­lich soll der Prä­mi­en­zah­ler vor unzu­mut­ba­ren Belas­tun­gen geschützt wer­den. Aller­dings bie­ten Unfall­ver­si­che­run­gen Zusatz­ver­si­che­run­gen an, wel­che auch die finan­zi­el­len Fol­gen bei beson­ders gefähr­li­chen Sport­ar­ten abdecken.

Über­dies kön­nen auch wei­te­re Ver­si­che­run­gen grund­sätz­lich auf den Ver­si­che­rungs­neh­mer Rück­griff neh­men, wenn der Scha­den auf­grund gro­ber Fahr­läs­sig­keit ent­stan­den ist. Im Zusam­men­hang mit Risi­ko­sport ist bei­spiels­wei­se an die Motor­fahr­zeug-Haft­pflicht­ver­si­che­rung zu den­ken, wel­che bei Schä­den in Fol­ge eines Moto­cross­ren­nens Rück­griff auf den Scha­den­ver­ur­sa­cher neh­men kann. Ein wei­te­res Bei­spiel ist die Pri­vat­haft­pflicht­ver­si­che­rung, wel­che Regress neh­men kann, wenn der Ver­si­cher­te grob­fahr­läs­sig han­del­te. Dies kann der Fall sein, wenn ein uner­fah­re­ner Biker bei schlech­tem Wet­ter eine schwie­ri­ge Abfahrt meis­tern will und dabei einen Unfall ver­ur­sacht, bei wel­chem Drit­te zu Scha­den kommen.

Fazit

Die Aus­übung von Risi­ko­sport kann mit weit­rei­chen­den finan­zi­el­len Kon­se­quen­zen ver­bun­den sein. Dabei kön­nen sogar klas­si­sche Akti­vi­tä­ten wie Biken, Wan­dern oder Ski­fah­ren als Wag­nis­se im Sin­ne des Unfall­ver­si­che­rungs­ge­setz qua­li­fi­ziert wer­den, sofern sie unsach­ge­mäss aus­ge­führt wer­den. Es emp­fiehlt sich in jedem Fall, Risi­ken bereits im Vor­hin­ein durch gute Vor­be­rei­tun­gen zu mini­mie­ren und sich bei den Ver­si­che­run­gen über die gedeck­ten Leis­tun­gen zu informieren.

Hue­ber­li Lawy­ers AG ist spe­zia­li­siert auf arbeits- und gesell­schafts­recht­li­che Fra­ge­stel­lun­gen. Wir freu­en uns über Ihre Kontaktaufnahme.


[1] Art. 50 Abs. 1 der Ver­ord­nung über die Unfall­ver­si­che­rung (UVV).

[2] Art. 50 Abs. 2 UVV.

[3] Eine Auf­lis­tung mit wei­te­ren Bei­spie­len ist zu fin­den auf https://www.suva.ch/de-ch/praevention/freizeit/gefaehrliche-sportarten-wagnisse (abge­ru­fen am 09.02.2022).