Die Sanierung mittels Auffanggesellschaft

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Illi­qui­di­tät, Fehl­in­ves­ti­tio­nen, Fol­gen der Covid-19-Pan­de­mie – es gibt vie­le Grün­de, wes­halb ein Unter­neh­men in eine wirt­schaft­lich schwie­ri­ge Lage gerät. Befin­det sich ein Unter­neh­men in der Schief­la­ge, gehört es zu den Pflich­ten der Gesell­schafts­or­ga­ne, Sanie­rungs­mass­nah­men ein­zu­lei­ten. Lei­der wer­den die Vor­zei­chen der Kri­se oft zu spät erkannt und der Kon­kurs steht bereits vor der Tür. Um den­noch den Fort­füh­rungs­wert eines Unter­neh­mens zu ret­ten und die voll­stän­di­ge Zer­schla­gung im Rah­men der kon­kurs­recht­li­chen Liqui­da­ti­on zu ver­hin­dern, hat sich in der Pra­xis die über­tra­gen­de Sanie­rung mit­tels einer Auf­fang­ge­sell­schaft bewährt.

Die Auf­fang­ge­sell­schaft

Eine Auf­fang­ge­sell­schaft ist eine neu gegrün­de­te oder bestehen­de Gesell­schaft, wel­che den Betrieb einer sanie­rungs­be­dürf­ti­gen, insol­ven­ten Unter­neh­mung wei­ter­führt. Dafür erwirbt die Auf­fang­ge­sell­schaft bestimm­te Akti­ven von der sanie­rungs­be­dürf­ti­gen Gesell­schaft: Es sol­len die ren­ta­blen Unter­neh­mens­tei­le von der bis­he­ri­gen Gesell­schaft getrennt und durch die Auf­fang­ge­sell­schaft wei­ter­ge­führt wer­den. Die Pro­ble­me des alten Kapi­tal­un­ter­neh­mens kön­nen in der Fol­ge unabhängig vom wei­te­ren Tages­ge­schäft gelöst wer­den.[1]

Die geret­te­ten Betriebs­tei­le kön­nen wäh­rend des Insol­venz­ver­fah­rens der bis­he­ri­gen Gesell­schaft unge­stört wei­ter­wirt­schaf­ten und einen Ertrag erzie­len. Durch die Sanie­rung mit­tels einer Auf­fang­ge­sell­schaft wer­den Arbeits­plät­ze sowie Pro­duk­ti­ons­ein­hei­ten und somit auch das betriebs­spe­zi­fi­sche Fach­wis­sen geret­tet. Damit geht eine posi­ti­ve Publi­zi­täts­wir­kung ein­her und auf­grund der Abtren­nung unren­ta­bler Betriebs­tei­le ist die Auf­fang­ge­sell­schaft attrak­ti­ver für poten­zi­el­le Inves­to­ren und Kreditgeber.

Auch für die Gläu­bi­ger der alten Gesell­schaft ist eine über­tra­gen­de Sanie­rung vor­teil­haft. Zum einen kön­nen Dau­er­ver­trä­ge (z.B. Miet­ver­trä­ge) von der Auf­fang­ge­sell­schaft über­nom­men und zum ande­ren kön­nen ande­re Ver­trä­ge wie bei­spiels­wei­se Kauf­ver­trä­ge erfüllt wer­den. Aus der Fort­füh­rung und Erfül­lung bestimm­ter Ver­trä­ge durch die Auf­fang­ge­sell­schaft resul­tiert ein Vor­teil für alle Gläu­bi­ger des alten Unter­neh­mens, da die Kon­kurs­mas­se dadurch ent­las­tet wird.

Was ist bei der über­tra­gen­den Sanie­rung beson­ders zu beachten?

Grund­vor­aus­set­zung für die Sanie­rung mit­tels Auf­fang­ge­sell­schaft ist die Sanie­rungs­fä­hig­keit der wei­ter­zu­füh­ren­den Unter­neh­mens­ein­hei­ten. Betriebs­tei­le einer Gesell­schaft sind dann sanie­rungs­fä­hig, wenn sie in abseh­ba­rer Zeit pro­fi­ta­bel pro­du­zie­ren kön­nen. Es muss daher eine Ren­ta­bi­li­täts­prü­fung vor­ge­nom­men werden.

Kommt man zum Schluss, dass bestimm­te Betriebs­tei­le ren­ta­bel wei­ter­ge­führt wer­den kön­nen, muss unter­schie­den wer­den, ob eine Auf­fang­ge­sell­schaft vor oder wäh­rend des Kon­kurs­ver­fah­rens ein­ge­setzt wer­den soll.

Bei einer Sanie­rung mit­tels Auf­fang­ge­sell­schaft vor der Kon­kurs­er­öff­nung bestehen beson­ders bei der Über­tra­gung von Akti­ven der bis­he­ri­gen Gesell­schaft auf die Auf­fang­ge­sell­schaft recht­li­che Stolpersteine.

Wer­den bei­spiels­wei­se Akti­ven des sanie­rungs­be­dürf­ti­gen Unter­neh­mens vor der Kon­kurs­er­öff­nung auf die Auf­fang­ge­sell­schaft über­tra­gen, kön­nen die damit ver­bun­den Rechts­ge­schäf­te im Zuge des spä­ter eröff­ne­ten Kon­kurs­ver­fah­rens über die alte Gesell­schaft ange­foch­ten wer­den (sog. Pau­lia­ni­sche Anfech­tung). Bei einer erfolg­rei­chen Anfech­tung fal­len die betrof­fe­nen Ver­mö­gens­wer­te der Auf­fang­ge­sell­schaft zurück an die alte Gesell­schaft und somit in die Kon­kurs­mas­se. Um eine Anfech­tung zu ver­mei­den, ist ins­be­son­de­re sicher­zu­stel­len, dass für die Akti­ven ein ange­mes­se­ner Ver­kehrs­wert bezahlt wird und aus dem erziel­ten Erlös ein­zel­ne Gläu­bi­ger nicht bevor­zugt wer­den. Zudem muss der Preis effek­tiv bezahlt wer­den. Es darf z.B. kein frü­he­res Gut­ha­ben eines Gläu­bi­gers ver­rech­net wer­den.[2]

Ein wei­te­res Hin­der­nis bei der Ein­bin­dung einer Auf­fang­ge­sell­schaft vor der Kon­kurs­er­öff­nung besteht etwa in der Soli­dar­haf­tung des Betriebs­nach­fol­gers gemäss Art. 333 OR, wonach die Auf­fang­ge­sell­schaft zusam­men mit der alten Gesell­schaft für Arbeit­neh­mer­for­de­run­gen haf­tet, die vor dem Betriebs­über­gang fäl­lig gewor­den sind.

Kann eine Auf­fang­ge­sell­schaft hin­ge­gen erst wäh­rend des Kon­kurs­ver­fah­rens zum Zug kom­men, ist zu berück­sich­ti­gen, dass nun ein Kon­kurs­rich­ter oder gege­be­nen­falls ein Kon­kurs­ver­wal­ter mit­wirkt. Dies begrenzt die Ent­schei­dungs­frei­heit der Gesell­schafts­or­ga­ne erheb­lich. Die Sanie­rung wird umständ­li­cher und lang­wie­ri­ger. In die­sem Sta­di­um ist viel Ver­hand­lungs­ge­schick gefordert.

Ent­schei­den­der Erfolgs­fak­tor jeder Sanie­rung ist ein rasches Vor­ge­hen. Denn ist der Kon­kurs erst­mal eröff­net, steht der Betrieb bis zu einer Ver­ein­ba­rung mit der Kon­kurs­ver­wal­tung wei­test­ge­hend still. Dadurch sinkt der Wert der gesun­den Betriebs­tei­le Tag für Tag. Trotz der gebo­te­nen Geschwin­dig­keit muss eine Auf­fang­ge­sell­schaft höchst sorg­fäl­tig ein­ge­setzt wer­den, da straf­recht­li­che Tat­be­stän­de wie etwa Miss­wirt­schaft gemäss Art. 165 StGB oder Bevor­zu­gung von Gläu­bi­gern nach Art. 167 StGB tan­giert wer­den können.

Um ein Unter­neh­men im Rah­men einer Sanie­rung an den recht­li­chen Gefah­ren­her­den vor­bei­zu­lot­sen und eine gewinn­brin­gen­de Lösung zu erzie­len, emp­fiehlt sich daher der Bei­zug eines Rechtsberaters.

Fazit

Die Sanie­rung mit­tels Auf­fang­ge­sell­schaft ist eine geeig­ne­te Vor­ge­hens­wei­se, um ren­ta­ble Betriebs­tei­le zu erhal­ten. Um ein in wirt­schaft­li­cher Not befind­li­ches Unter­neh­men zu ret­ten, gibt es zahl­rei­che wei­te­re Sanie­rungs­mög­lich­kei­ten. Wel­che Sanie­rungs­mass­nah­men am geeig­nets­ten sind, hängt vom kon­kre­ten Ein­zel­fall ab. Hue­ber­li Lawy­ers AG unter­stützt Sie ger­ne bei Fra­gen rund um das The­ma Sanie­rung und Restruk­tu­rie­rung. Wir freu­en uns über Ihre Kontaktaufnahme.


[1] Zum Gan­zen: Koch Mar­kus, Gestal­tung einer Auf­fang­ge­sell­schaft als «Plan B», in: Spre­cher Tho­mas (Hrsg.), Sanie­rung und Insol­venz von Unter­neh­men IV, Zürich/Basel/Genf 2014, 11-20, 12; Mei­er-Maz­zu­ca­to Gior­gio, Sanie­rung von Unter­neh­men, in: Spre­cher Tho­mas (Hrsg.) Sanie­rung und Insol­venz von Unter­neh­men X, Die akti­en­recht­li­cher Sanie­rung, Zürich/Basel/Genf, 131-160, 158.

[2] Mei­er-Maz­zu­ca­to Gior­gio (FN 1), 159 f.