Revidiertes Schweizer Datenschutzgesetz: Verschärfte Vorschriften zur Schweigepflicht für Unternehmen
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Das revidierte Datenschutzgesetz wurde am 25. September 2020 durch die Räte verabschiedet. Eine bemerkenswerte Neuregelung stellt der Ausbau der bisherigen Schweigepflicht zu einer allgemeinen Schweigepflicht für alle Berufstätigen dar. Während die Pflicht zur Geheimhaltung von Personendaten bislang üblicherweise auf die Geschäfts- und Fabrikationsgeheimnisse des Arbeitgebers beschränkt waren, sind Arbeitnehmer durch die Neuregelung z.B. auch in Bezug auf die Kunden des Arbeitgebers zur Geheimhaltung verpflichtet. Bei Verletzung der Bestimmungen drohen Bussen von bis zu CHF 250’000.- zulasten der verantwortlichen natürlichen Person.
Mit dem revidierten Datenschutzgesetz (rDSG), welches voraussichtlich im Herbst 2021 in Kraft treten wird, wird die bisherige Schweigepflicht zu einer allgemeinen Schweigepflicht für alle Berufstätigen ausgebaut (Art. 62 rDSG). Die bisherige Schweigepflicht, welche auf die beruflich notwendigen besonders schützenswerten Personendaten sowie Persönlichkeitsprofile beschränkt war, wurde durch die Gesetzesrevision stark erweitert.
Neu wird auf Antrag der betroffenen Person diejenige natürliche Person mit Busse von bis zu CHF 250’000.- bestraft, die wissentlich und willentlich (d.h. vorsätzlich) geheime Personendaten z.B. der Kunden oder Lieferanten, von welchen sie bei der Berufsausübung erfahren hat und welche für die Arbeitsausführung von Relevanz sind, offenbart. Dasselbe gilt für Offenbarungen von Personendaten, von welchen eine Person im Rahmen der Tätigkeit für eine geheimhaltungspflichtige Person erfährt. Erfasst sind auch Hilfspersonen und Auszubildende. Ist die Ermittlung des Täters resp. fehlbaren Arbeitnehmers nicht möglich (weil Untersuchungsmassnahmen nötig wären, welche im Hinblick auf die Strafe unverhältnismässig wären), kann der Staat von einer Verfolgung der natürlichen Person absehen und stattdessen den Geschäftsbetrieb zur Bezahlung der Busse verurteilen.
Mit der Neuregelung erfolgte eine Annäherung des datenschutzrechtlichen Berufsgeheimnisses an dasjenige des Schweizerischen Strafgesetzbuchs (StGB) sowie Bankgeheimnisses. Der datenschutzrechtliche Geheimnisbegriff ist dabei derselbe wie derjenige im Strafrecht: Ein Geheimnis liegt dann vor, wenn es sich um eine nicht allgemein bekannte Information handelt, an welcher der Geheimnisherr ein erkennbares, schutzwürdiges Geheimhaltungsinteresse hat. Geschützt wird das Vertrauen, welches z.B. ein Kunde dem Dienstleister entgegenbringt, wenn er geheime Personendaten bekannt gibt. Der Dienstleister hat demnach vor Offenlegung der (im Zweifel geheimen) Personendaten gegenüber Dritten grundsätzlich eine Einwilligung des betreffenden Kunden/der betreffenden Person einzuholen.
Die neue datenschutzrechtliche Vorschrift umfasst auch (und stellt damit unter Strafe) Offenbarungen, welche nach Beendigung der Stelle oder der Ausbildung im Betrieb durch einen ehemaligen Arbeitnehmer erfolgen.
Der beruflichen Schweigepflicht unterliegt jede berufstätige Person, welche über Personendaten erfährt, welche sie für ihre Berufsausübung benötigt. Dieses Verständnis ist (auch im internationalen Vergleich) sehr breit und die Regelung ist ausserordentlich scharf ausgestaltet.
Bereits bisher waren Arbeitnehmer gestützt auf Art. 321a Abs. 4 des Obligationenrechts (OR) zur Geheimhaltung verpflichtet. Diese Pflicht zur Geheimhaltung beschränkte sich jedoch auf die Geschäfts- und Fabrikationsgeheimnisse des Arbeitgebers und enthielt üblicherweise nicht auch die Geheimnisse z.B. des Kunden. Mit der Neuregelung sind Arbeitnehmer fortan auch z.B. gegenüber den Kunden des Arbeitgebers zur Geheimhaltung ihrer beruflichen Geheimnisse (Personendaten) verpflichtet. Gibt ein (ehemaliger) Arbeitnehmeralso Angaben an Dritte weiter, welche sich auf eine bestimmte oder bestimmbare natürliche Person eines Kunden des (ehemaligen) Arbeitgebers beziehen, so kann dies künftig bestraft werden.
Immerhin gilt es zu relativieren, dass nicht jede Information, welche ein Unternehmen von seinen Kunden erhält, vom Empfänger geheim erachtet werden muss. Weiter gilt es bei geheimen Informationen auch Situationen, in welchen die Informationen dennoch an Dritte weitergegeben werden dürfen. Es gilt: Sofern der Bekanntgabe grundsätzlich kein schutzwürdiges Interesse entgegensteht sowie eine Weitergabe der Informationen zumindest implizit mit dem Kunden vereinbart wurde, dürfen die nötigsten Informationen grundsätzlich auch weiterhin ausgetauscht werden. Zur Risikoreduktion (aber nicht zum Risikoausschluss) kann ein Verweis in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen („AGB“) verhelfen, wonach Datenbekanntgaben erfolgen dürfen. Die für die AGB-Beurteilung relevante Ungewöhnlichkeits- und Unklarheitenregel bleibt jedoch auch diesbezüglich zu beachten. Es gilt: Je sensibler die Daten sind, desto schärfere Vorkehrungen sind zu deren Schutz notwendig.
Insbesondere Unternehmen in Branchen, welche regelmässig vertrauliche Informationen verarbeiten und diese (auch wenn nur eingeschränkt) an Dritte weitergeben (z.B. Online-Shops, Werbe-Dienstleister, Privatversicherer) und welche bisher keinem Berufsgeheimnis unterstanden, sollten ihre AGB sowie allfällige sonstige Verträge sorgfältig prüfen und an die neuen rechtlichen Gegebenheiten anpassen. Unternehmen sind gut beraten, ihre Arbeitnehmer auf die Geheimhaltungspflicht hin zu sensibilisieren und die datenschutzrechtliche Geheimhaltungspflicht in ihre Arbeitsverträge zu implementieren.
Das revidierte Datenschutzgesetz wird frühestens im Herbst 2021 in Kraft treten. Da das Gesetz keine Übergangsbestimmungen vorsieht, sind Unternehmen gut beraten, ihre Prozesse und vertraglichen Grundlagen bereits heute an die neuen Gegebenheiten anzupassen.
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