Ungerechtfertigte Online-Rezensionen: Was tun?
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Ungerechtfertigte Online-Rezensionen können den Ruf eines Unternehmens massiv schädigen. Aber: Gegen negative Rezensionen im Internet vorzugehen, ist teilweise nicht ganz einfach. Nebst der Kontaktaufnahme mit der Website und der Konfrontation des (vermeintlichen) Bewerters, stehen u.U. auch zivil- und strafrechtliche Möglichkeiten offen.
Immer öfter werden Unternehmen im Internet mit ungerechtfertigten Bewertungen konfrontiert: Beschimpfungen, unwahre Angaben zur Geschäftstätigkeit oder eine Schlechtmachung sind keine Seltenheit. Insbesondere, wenn die Bewertung ein falsches Bild abgibt, kann die durch die Rezension betroffene (natürliche oder juristische) Person in ihrer Persönlichkeit verletzt sein. Auch systematische Falschbewertungen sind kritisch: Je kleiner die Anzahl der (bereits) abgegebenen Bewertungen und je weniger qualifiziert der (allenfalls beigezogene) Beurteilende der Bewertung ist, desto grösser ist die Gefahr einer falschen (Tatsachen-) Darstellung.
Auch juristische Personen sind – nebst den natürlichen Personen – in ihrer Persönlichkeit geschützt. So kann z.B. eine Aktiengesellschaft oder eine GmbH in ihrer Persönlichkeit (z.B. Ehre) verletzt sein, wenn negative Rezensionen über die Gesellschaft veröffentlicht werden. Die privatrechtliche Grundlage für den Schutz der Persönlichkeit vor Verletzungen bildet dabei Art. 28 ff. des Schweizerischen Zivilgesetzbuchs (ZGB).
Gemäss Art. 28 Abs. 1 ZGB kann jeder, der in seiner Persönlichkeit widerrechtlich verletzt worden ist, gegen jeden, der an der Verletzung mitwirkt, das Gericht anrufen. Widerrechtlich ist eine Verletzung grundsätzlich dann, wenn sie nicht mit Einwilligung des Verletzten, durch ein überwiegendes privates oder öffentliches Interesse oder von Gesetzes wegen gerechtfertigt ist (Art. 28 Abs. 2 ZGB).
Ist dem Unternehmen klar, wer die Bewertung geschrieben hat, sollte die betreffende Person kontaktiert werden. Eine einvernehmliche Lösung ist oftmals im Interesse beider Parteien. Ist dieser Versuch erfolglos, kann eine Klageeinreichung wegen Persönlichkeitsverletzung beim Zivilgericht geprüft werden. Auch eine Strafanzeige wegen Ehrverletzung kann in Betracht gezogen werden.
In der Praxis gestaltet sich aber gerade das Ausfindigmachen der störenden Partei regelmässig als schwierig. Viele Plattformen erlauben es, anonymisiert resp. unter Angabe eines Pseudonyms Rezensionen abzugeben. Wurde eine Rezension über einen solchen Account verfasst, kann versucht werden, vom Plattformbetreiber die Löschung der Bewertung zu verlangen. Insbesondere, wenn ein Verstoss gegen die Nutzungsbedingungen der Plattform vorliegen, wird die Plattform einer Löschung regelmässig zustimmen. Das Unternehmen hat dafür i.d.R. Unterlagen/Schriftstücke einzureichen, welche bestätigen, dass die Bewertung ungerechtfertigt ist (z.B. Nichtexistenz von Geschäftstätigkeiten in diesem Bereich, kein Mitarbeiter/Kunde mit den genannten Namen etc.). Der Bewertende kann dabei theoretisch über die IP-Adresse identifiziert werden. Eine Sicherheit, dass die Löschung des Eintrags durch die Plattformen dann aber tatsächlich durchgeführt, resp. die Anfrage überhaupt beantwortet wird, gibt es allerdings nicht.
Ist der Plattformbetreiber – z.B. aufgrund eines fehlenden Impressums – nicht auf der Website ersichtlich, können mittels Domain-Besitzersuche (z.B. via Hostpoint) die Kontaktdaten des Plattformbetreibers ausfindig gemacht werden.
Kommt es zu einer gerichtlichen Klage, wird das Gericht bei der Beurteilung von Persönlichkeitsverletzungen eine Grundrechtsabwägung zwischen der freien Meinungsäusserung und den Persönlichkeitsrechen des betroffenen Unternehmens resp. der betroffenen natürlichen Person vornehmen. Bei der Meinungsäusserung wird zwischen Tatsachenbehauptungen und Werturteilen unterschieden. Tatsachenbehauptungen müssen der Wahrheit entsprechen und beweisbar sein. Sind diese Kriterien erfüllt, werden die Äusserungen im Normalfall nicht als persönlichkeitsverletzend angesehen. Erfolgt dahingegen eine Veröffentlichung von Tatsachen, welche nicht allgemein bekannt und von sensiblem Gehalt sind, kann die Privatsphäre des Unternehmens verletzt sein. Kritisch ist auch die Veröffentlichung von Werturteilen: es handelt sich dabei um Äusserungen persönlicher Ansichten oder Schlussfolgerungen über ein bestimmtes Unternehmen resp. eine bestimmte Person oder einen Sachverhalt. Die Äusserung von Werturteilen ist gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung so lange zulässig, als diese vertretbar erscheint und nicht unnötig herabsetzend oder beleidigend ist.
Die Betreiber von Bewertungsplattformen sind grundsätzlich verpflichtet, die Plattform so auszugestalten, dass Persönlichkeitsverletzungen möglichst verhindert werden. Ist eine Bewertung z.B. unnötig herabsetzend oder beleidigend (gemischtes Werturteil), kann grundsätzlich auch eine Klage wegen Persönlichkeitsverletzung oder einer Strafanklage wegen Ehrverletzung gegen den Betreiber der Website in Betracht gezogen werden. Die Plattformen schliessen ihre Haftung und Verantwortung dabei jedoch regelmässig aus (so auch z.B. Google). Sobald allerdings ein zivil- oder strafrechtliches Urteil vorliegt, kann dieses Google vorgelegt werden und der Eintrag wird gelöscht.
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