Verantwortlichkeit des Arbeitgebers bei Missachtung der gesetzlichen Arbeits- und Ruhezeiten

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Das Arbeits­ge­setz bezweckt zusam­men mit den Aus­füh­rungs­be­stim­mun­gen einen Min­dest­schutz für Arbeit­neh­mer. Es ent­hält Rege­lun­gen zu den Arbeits- und Ruhe­zei­ten, zum Gesund­heits­schutz sowie wei­te­re Son­der­be­stim­mun­gen (z.B. für jugend­li­che Arbeit­neh­mer, schwan­ge­re Frau­en). Bei Ver­let­zung der Arbeits- und Ruhe­zeit­vor­schrif­ten dro­hen dem Arbeit­ge­ber sowohl straf­recht­li­che als auch ver­wal­tungs­recht­li­che Sanktionen.

1. Über­blick

Das Arbeits­ge­setz vom 13. März 1964 (nach­fol­gend „ArG”) und die dazu­ge­hö­ri­gen Aus­füh­rungs­be­stim­mun­gen legen den Min­dest­schutz für grund­sätz­lich alle Arbeit­neh­mer in pri­va­ten und öffent­li­chen Betrie­ben in Bezug auf Arbeits- und Ruhe­zei­ten fest. Das Arbeits­ge­setz setzt als Höchst­ar­beits­zeit eine Stun­den­zahl von 45 resp. 50 Wochen­stun­den fest. Bei Arbeit­neh­mern in indus­tri­el­len Betrie­ben sowie Büro­per­so­nal, tech­ni­schen und ande­ren Ange­stell­ten (inkl. Ver­kaufs­per­so­nal) gilt eine wöchent­li­che Höchst­ar­beits­zeit von 45 Stun­den, beim ande­ren Per­so­nal gel­ten die 50 Wochen­ar­beits­stun­den als Maxi­mum (vgl. Art. 9 Abs. 1 ArG). Die­se Höchst­ar­beits­zeit darf nur aus­nahms­wei­se über­schrit­ten wer­den, z.B. wenn Dring­lich­keit in der Arbeits­aus­füh­rung vor­liegt oder ein aus­ser­or­dent­li­cher Arbeits­an­fall zu ver­zeich­nen ist. Selbst dann darf die Über­zeit aller­dings zwei Stun­den am Tag nicht über­stei­gen, es sei denn es hand­le sich im spe­zi­fi­schen Ein­zel­fall um einen arbeits­frei­en Werk­tag oder um eine Not­si­tua­ti­on. Pro Kalen­der­jahr dür­fen maxi­mal 170 (bei einer wöchent­li­chen Höchst­ar­beits­zeit von 45 Stun­den) bzw. 140 (bei einer wöchent­li­chen Höchst­ar­beits­zeit von 50 Stun­den) an Über­zeit­stun­den geleis­tet wer­den. Der Arbeit­ge­ber hat die­se grund­sätz­lich innert eines ange­mes­se­nen Zeit­raums durch Frei­zeit aus­zu­glei­chen oder mit einem Lohn­zu­schlag von mind. 25% an den Arbeit­neh­mer auszubezahlen.

Als Ruhe­zeit gel­ten Pau­sen sowie freie Tage, wel­che den Arbeit­neh­mern zu gewäh­ren sind. Bei einer täg­li­chen Arbeits­zeit von mehr als fünf­ein­halb Stun­den ist eine Vier­tel­stun­de Pau­se ein­zu­be­rech­nen, bei mehr als sie­ben Stun­den Arbeits­zeit gar eine hal­be Stun­de. Bei mehr als neun Stun­den muss eine vol­le Stun­de Pau­se berück­sich­tigt wer­den. Die täg­li­che Ruhe­zeit darf zudem elf auf­ein­an­der­fol­gen­de Stun­den (Aus­nah­men zuläs­sig) nicht unterschreiten.

Es gilt zu beach­ten, dass Nacht- und Sonn­tags­ar­beit – mit gewis­sen Aus­nah­men (vgl. Art. 16 ff. und 18 ff. ArG) – nur mit einer Arbeits­zeit­be­wil­li­gung (bei vor­über­ge­hen­den Bewil­li­gun­gen durch den Kan­ton, in wie­der­keh­ren­den Fäl­len vom Staats­se­kre­ta­ri­at für Wirt­schaft [SECO]) zuläs­sig ist.

Hält ein Arbeit­ge­ber die Vor­schrif­ten des Arbeits­ge­set­zes, wie z.B. auch die Pflicht zur Arbeits­zeit­er­fas­sung, nicht ein, muss er mit einem Ver­wal­tungs- und allen­falls sogar Straf­ver­fah­ren rechnen.

2. Ver­wal­tungs­recht­li­che Verantwortlichkeit

Die Arbeit­ge­ber wer­den durch die kan­to­na­len Arbeits­in­spek­to­ra­te von Amtes wegen oder auf Anzei­ge hin geprüft. Ein­sicht­nah­men in die Unter­la­gen, Betriebs­vi­si­ten und Befra­gun­gen des Arbeit­ge­bers resp. der Arbeit­neh­mer die­nen dabei als Kon­troll­mit­tel. Hat ein Arbeit­ge­ber gegen die Arbeits- und/oder Ruhe­zeit­vor­schrif­ten ver­stos­sen, erfolgt zunächst eine Abmah­nung. Erfolgt innert Frist kei­ne Behe­bung des unrecht­mäs­si­gen Zustands (z.B. kei­ne Imple­men­ta­ti­on eines Arbeits­zeit­er­fas­sungs­sys­tems), erlässt die Behör­de eine Ver­wal­tungs­ver­fü­gung, wel­che eine Straf­an­dro­hung gemäss Art. 292 des Schwei­ze­ri­schen Straf­ge­setz­buchs (Bus­sen­an­dro­hung) ent­hält. Bei Miss­ach­tung der Ver­wal­tungs­ver­fü­gung kann die Behör­de Ver­wal­tungs­zwang zur Her­bei­füh­rung des recht­mäs­si­gen Zustands (z.B. Voll­stre­ckung auf Kos­ten des Arbeit­ge­bers oder Mel­dung bei Straf­ver­fol­gungs­be­hör­den) einsetzen.

3. Straf­recht­li­che Verantwortlichkeit

Die Nicht­be­ach­tung des Arbeits­ge­set­zes sowie der zuge­hö­ri­gen Aus­füh­rungs­be­stim­mun­gen kann auch straf­recht­lich sank­tio­niert wer­den (Art. 59 ArG). Han­delt ein Arbeit­ge­ber z.B. den Arbeits- und Ruhe­zeit­vor­schrif­ten vor­sätz­lich zuwi­der, kann die­ser mit einer Geld­stra­fe von bis zu 180 Tages­sät­zen bestraft wer­den und  zwar unabhängig von einem all­fäl­li­gen Ver­wal­tungs­ver­fah­ren. Bezahlt ein Arbeit­ge­ber z.B. die Über­zeit­stun­den oder Sonn­tags­zu­schlä­ge sei­ner Arbeit­neh­mer im Wis­sen um den Bestand und gewollt nicht aus, liegt ein Ver­stoss gegen die Vor­schrif­ten des Arbeits­ge­set­zes vor. Die theo­re­tisch maxi­ma­le Straf­an­dro­hung beträgt der­zeit CHF 540’000.-.

Bei juris­ti­schen Per­so­nen (AG, GmbH, Sti­fung, Ver­ein) rich­tet sich die Straf­un­ter­su­chung gegen Organ­mit­glie­der (z.B. Vor­stands­mit­glie­der, Ver­wal­tungs­rat, Stif­tungs­rat), die geschäfts­füh­ren­den Gesell­schaf­ter und die tat­säch­lich lei­ten­den Per­so­nen (z.B. Abtei­lungs­lei­ter). Für die Straf­bar­keit ist Fahr­läs­sig­keit aus­rei­chend. Das Ver­ge­hen wird im Straf­re­gis­ter der zustän­di­gen Person(en) ein­ge­tra­gen. Nicht nur die direkt han­deln­de Per­son kann sich dabei straf­bar machen, son­dern auch z.B. der Vor­ge­setz­te, wel­cher es vor­sätz­lich oder fahr­läs­sig unter­lässt, eine Zuwi­der­hand­lung abzu­wen­den oder die Wir­kun­gen aufzuheben.

4. Fazit

Der Arbeit­ge­ber ist dafür ver­ant­wort­lich, dass die gesetz­li­chen Vor­schrif­ten im Betrieb ein­ge­hal­ten wer­den. Er ent­schei­det ent­spre­chend über die Orga­ni­sa­ti­on der Arbeits­zei­ten und die Ein­satz­plä­ne sei­ner Arbeit­neh­mer. Hält er die Vor­schrif­ten nicht ein, muss er mit einem Ver­wal­tungs- und allen­falls sogar Straf­ver­fah­ren rechnen.

Haben Sie in Ihrem Unter­neh­men sämt­li­che Schrit­te ein­ge­lei­tet, um die Umset­zung der gesetz­li­chen Vor­schrif­ten sicher zu stel­len? Besteht in bestimm­ten Berei­chen allen­falls Handlungsbedarf?

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