Mitarbeiterbeteiligungen und ihre Attraktivität für Startups – steuerrechtliche Aspekte
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Mitarbeiteraktien sind bei schnell wachsenden Jungunternehmen sehr beliebt: Durch Ausgabe von Beteiligungsrechten optimieren Startups ihre Chancen, hochqualifizierte Mitarbeiter an sich zu binden. Viele Startups sind insbesondere im Anfangsstadium oftmals nicht in der Lage, ihren Mitarbeitern einen Marktlohn auszubezahlen. Mitarbeiterbeteiligungen erlauben sodann die Schaffung eines finanziellen Anreizes für die Mitarbeiter, ohne die liquiden Mittel der Gesellschaft zu belasten.
1. Überblick
Ist das Beteiligungsrecht an der Gesellschaft auf das Arbeitsverhältnis zurückzuführen, spricht man von Mitarbeiterbeteiligungen (häufigste Formen: Mitarbeiteraktie oder -option). Mittels Mitarbeiteroptionen räumt der Arbeitgeber dem Mitarbeiter ein Recht ein, ein Beteiligungspapier des Arbeitgebers innert eines definierten Zeitraums (Ausübungsfrist) und zu einem bestimmten Preis (Ausübungspreis) zu erwerben. Wie bei der Mitarbeiteraktie werden diese dem Mitarbeiter meist zu Vorzugskonditionen übertragen.[1]
Mitarbeiterbeteiligungen werden oftmals mit einer Sperrfrist/Vestingperiode ausgegeben: Während der Sperrfrist kann der Mitarbeiter die betreffenden Aktien insbesondere weder ausüben, veräussern, verpfänden oder anderweitig belasten. Es kann zudem eine Vestingperiode definiert werden. Dies stellt eine Zeitspanne dar, innert welcher der Mitarbeiter sich eine Option „(ab)verdienen” muss, z.B. indem er gewisse berufliche Ziele zu erreichen hat. Denkbar ist auch die Vereinbarung dahingehend, dass der Arbeitsvertrag vor Ablauf einer bestimmten Dauer nicht gekündigt werden darf. Als „Vesting” definiert das Bundesgericht[2] dabei das Ende der jeweiligen Zeitspanne. Dieses Ende sowie die jeweiligen Gründe, welche zu einem vorzeitigen Vesting führen können, werden regelmässig im entsprechenden Beteiligungsplan festgehalten.
Die Mitarbeiter ziehen einen finanziellen Nutzen aus der Mitarbeiterbeteiligung (zum Thema Phantom Stocks, vgl. unsere separate Publikation[3]): Entwickelt sich die Gesellschaft positiv, nimmt der Wert des Unternehmens und damit auch der Aktienwert zu. Zudem können Mitarbeiteraktien i.d.R. durch die Mitarbeiter zu einem reduzierten Preis bezogen werden, was die Attraktivität ebenso erhöht. Letztgenannte Vergünstigung ist aus steuerlicher Sicht entscheidend.
Es gilt: Aktien, welche im Zeitpunkt der Gründung einer Gesellschaft erworben wurden, qualifizieren sich nicht als Mitarbeiterbeteiligungen im Sinne von Art. 17a des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer vom 14. Dezember 1990 (DBG). Ebenso gelten Beteiligungspapiere nicht als Mitarbeiterbeteiligungen, wenn ein Mitarbeiter die Papiere zu Konditionen erwirbt, welche auch ein unabhängiger Dritte erhalten würde („at arm’s length“).
2. Besteuerung beim Mitarbeiter
Erfolgt eine Abgabe der Mitarbeiteraktien unentgeltlich oder zu Vorzugsbedingungen, liegt in der Differenz zwischen dem Verkehrswert und dem Abgabepreis ein geldwerter Vorteil (als Lohnbestandteil des Mitarbeiters), welcher der Mitarbeiter grundsätzlich zu versteuern hat (vgl. Art. 17 Abs. 1 DBG). Eine Besteuerung von Mitarbeiteraktien findet dabei zum Zeitpunkt der Abgabe statt. Allgemein gilt, je grösser die Differenz zwischen dem Ausgabepreis und dem Verkehrswert der Beteiligung ist, desto höher sind die durch den Mitarbeiter zu entrichtenden Steuern und die Sozialversicherungsbeiträge (Lohnbestandteil) darauf. Im Vermögen des Mitarbeiters ist der (diskontierte) Steuerwert der Mitarbeiterbeteiligung zu deklarieren.
Während für die Berechnung des Steuerwerts bei börsenkotierten Mitarbeiteraktien als Verkehrswert grundsätzlich der Börsenkurs am Tag der Abgabe an den Mitarbeiter herangezogen wird, fehlt es bei nicht börsenkotierten Gesellschaften (so z.B. regelmässig bei Startups) an einem entsprechenden Verkehrswert. Als massgeblicher Wert gilt dann grundsätzlich der durch den Arbeitgeber ermittelte „Formelwert”. Es kann sich dabei z.B. um den Steuerwert des Vorjahres handeln. Gesperrte Mitarbeiteraktien weisen gegenüber frei verfügbaren Aktien einen Minderwert auf (vgl. Art. 17b Abs. 2 DBG): Es erfolgt über die Dauer der Sperrfrist eine entsprechende Reduktion des Verkehrswerts (Diskont von 6 Prozent pro Sperrjahr).
Verkauft der Mitarbeiter (nach Ablauf der Sperrfrist) die Mitarbeiteraktien aus seinem Privatvermögen, resultiert für ihn grundsätzlich ein steuerfreier privater Kapitalgewinn (vgl. Art. 16 Abs. 3 DBG), resp. ein steuerlich nicht unbeachtlicher Kapitalverlust. Bei börsenkotierten Mitarbeiteraktien ist dies die Differenz zwischen Verkehrswert im Zeitpunkt der Abgabe und dem Verkehrswert im Zeitpunkt der Veräusserung. Bei nicht börsenkotierten Mitarbeiteraktien (z.B. Startups) ist dies die Differenz zwischen dem Formelwert im Zeitpunkt der Abgabe und den nach der gleichen Bewertungsmethode ermittelten Formelwert im Zeitpunkt der Veräusserung. Sind Mitarbeitende mit Wohnsitz in mehreren Kantonen am Beteiligungsplan beteiligt, wird empfohlen, den durch die kantonale Steuerbehörde ausgestellte Vorbescheid im Anschluss daran ebenfalls noch der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) einzureichen, damit diese ebenso noch ihr Einverständnis im Rahmen einer allgemeinen Stellungnahme für die direkte Bundessteuer abgeben kann. Es gilt jedoch du beachten, dass die Besteuerung der Mitarbeiterbeteiligungen jeweils am Wohnsitz des betreffenden Mitarbeiters erfolgt und die kantonale Steuerpraxis in Bezug auf die kantonale Steuer deshalb je nach Kanton abweichen kann.
Mittels „Tax Ruling”, d.h. einer Abrede (einem Vorbescheid) zwischen Steuerbehörde und Arbeitgeber kann eine einheitliche Veranlagung der Mitarbeiter sowie eine steuerlich korrekte Handhabung des Mitarbeiterbeteiligungsplans sichergestellt werden. Der Arbeitgeber hat der zuständigen Steuerbehörde (i.d.R. ist dies die kantonale Steuerbehörde im Sitzkanton des Arbeitgebers) dafür sämtliche relevanten Plan- bzw. Vertragsunterlagen einzureichen. Der Arbeitgeber hat zudem gestützt auf diese Unterlagen der Steuerbehörde eine steuerliche Beurteilung antragsweise zur Verfügung zu stellen. Die Steuerbehörde beurteilt den Antrag dann gestützt auf den eingereichten Sachverhalt.
3. Besteuerung beim Arbeitgeber
Der Arbeitgeber (als Aktiengesellschaft) kann die Aktien, welche an die Mitarbeiter abgegeben werden sollen, mittels (ordentlicher/genehmigter oder bedingter) Kapitalerhöhung schaffen. Er hat die bereits geleistete Arbeit (Arbeitslohn) als geschäftsmässig begründeter Aufwand zugunsten der Verbindlichkeiten der Mitarbeiter zu buchen. Die Beträge aus Liberierung der Aktienkapitalerhöhung werden dem Aktienkapital oder der gesetzlichen Kapitalreserve der Gesellschaft gutgeschrieben. Dadurch werden (vermindert um die Emissionskosten) Reserven aus Kapitaleinlagen begründet. Alternativ kann der Arbeitgeber die Aktien insbesondere auch entweder am Markt oder direkt von Aktionären erwerben und diese dann an die Mitarbeiter (zu einem Vorzugspreis) veräussern.
Die Differenz zwischen Erwerbspreis (Anschaffung) und dem Verkehrswert im Zeitpunkt der Abgabe der Mitarbeiteraktien stellt steuerlich geschäftsmässig begründeter Aufwand, resp. steuerbarer Ertrag dar (unabhängig von der handelsrechtlichen Verbuchung). Die Differenz zwischen Verkehrswert im Zeitpunkt der Abgabe und dem tieferen Vorzugspreis (Abgabepreis) stellt ebenso geschäftsmässig begründeter Aufwand dar.
4. Geändertes Kreisschreiben Nr. 37 mit Wirkung ab 1. Januar 2021
Mit dem geänderten Kreisschreiben Nr. 37 der ESTV gibt es insbesondere zwei wesentliche Änderungen betreffend die Besteuerung der Mitarbeiterbeteiligungen: Die bislang (vor allem) im Kanton Zürich geltende Fünfjahresregel wird schweizweit eingeführt. Zudem gibt es gewisse Präzisierungen in Bezug auf die Qualifikation von Mitarbeiteraktien.
Ist während der Haltedauer der Mitarbeiteraktien kein Verkehrswert zu beobachten (z.B. wegen fehlendem Börsengang, Verkauf von bestehenden Aktien etc.), wird auf eine zusätzliche Besteuerung des (allfälligen) Übergewinns nach Ablauf einer 5-jährigen Haltefrist verzichtet. Diese bislang insbesondere im Kanton Zürich angewendete Regelung soll mit dem geänderten Kreisschreiben für sämtliche Kantone und damit (weitgehend) unabhängig vom Wohnsitz des Mitarbeiters, Geltung haben. Im Rahmen der kantonalen Besteuerungspraxis ist allerdings nach wie vor Spielraum bei der Besteuerung von Mitarbeiterbeteiligungen denkbar.
Die Kantone haben das geänderte Kreisschreiben und damit die Zürcher Praxis entsprechend (zumindest im Grundsatz) umzusetzen. Unklar ist, welche Auswirkungen das Bestehen von „Finanzierungsrundenwerten“ hat. Auch im Kanton Zürich findet die Fünfjahresregelung z.B. bereits gegenwärtig keine Anwendung, wenn Finanzierungsrunden kurz vor oder nach der Zuteilung von Mitarbeiteraktien stattgefunden haben und wenn die Gesellschaft (aus Sicht der Steuerverwaltung) nicht länger als ein „Startup“ gilt. Fraglich ist, ob Finanzierungsrunden zum Zwecke der Einkommensbesteuerung einen Verkehrswert setzen können. Dies ist grundsätzlich nicht per se auszuschliessen. Es gibt auch hier kantonale Unterschiede (der Kanton Zürich blendet Finanzierungsrunden z.B. aus und stellt auf die Substanzwerte ab). Es empfiehlt sich, vorgängig ein Tax-Ruling resp. einen Vorbescheid der Steuerverwaltung einzuholen.
5. Fazit
Mitarbeiteraktien sind in vielerlei Hinsicht eine lohnenswerte Möglichkeit, die Mitarbeiter stärker in die unternehmerische Tätigkeit einzubinden. Insbesondere bei Startups und Jungunternehmen, welche noch keine marktüblichen Löhne bezahlen können, ist es eine wertvolle (Lohn-)Alternative, um talentierte Mitarbeiter zu gewinnen bzw. zu behalten. Die einkommenssteuer- und sozialversicherungsrechtlichen Folgen für die Mitarbeiter und das Unternehmen sind jedoch zu berücksichtigen. Falls Sie beabsichtigen, einen Beteiligungsplan für Ihre Mitarbeiter ins Leben zu rufen, empfiehlt es sich, die Beteiligungsart sorgfältig zu wählen sowie die Steuerfolgen, einschliesslich der relevanten Werte, vorgängig zu prüfen.
Hueberli Lawyers AG ist spezialisiert auf arbeits- und gesellschaftsrechtliche Fragestellungen. Wir freuen uns über Ihre Kontaktaufnahme.
[1] Andere Beteiligungspapiere, welche die Mitarbeiter direkt am Kapital der Gesellschaft beteiligen, wie z.B. Partizipationsscheine oder Genossenschaftsanteile, werden analog der Mitarbeiteraktien behandelt.
[2] Vgl. Urteil 2C_138/2010 vom 2. Juni 2010, E. 2.2.
[3] Vgl. dazu https://hueberli.com/blog/phantom-stocks-die-schnelle-und-unkomplizierte-mit-arbeiterbeteiligungsloesung-fuer-start-ups/.